Wo es um die letzten Werke eines Komponisten geht, ist die Legendenbildung nicht weit. Seine letzten drei Sinfonien komponierte Mozart im Sommer 1788 innerhalb weniger Wochen, voller Geldsorgen und „schwarzer Gedanken“, wie der Komponist in einem Brief schrieb. Die Auffassung, dass Mozart diese Sinfonien ohne Auftrag und ohne Hoffnung auf eine Aufführung komponiert habe, ist indes ein Mythos des 19. Jahrhunderts, um das romantische Vorurteil vom verarmten, nicht weiter beachteten Genie vermeintlich zu bestätigen.
Mozarts vorletzte Sinfonie gehört zu den bekanntesten Werken der Musikgeschichte
Während diese fake news inzwischen ins Reich der Märchen verbannt wurde, scheiden sich noch immer die Geister darüber, inwiefern die Sinfonien 39 bis 41 als Trilogie zu verstehen sind oder nicht. Trotz des kurzen Zeitraums, in dem die Sinfonien entstanden, unterscheiden sich jedoch die Werke in vielerlei Hinsicht voneinander. Im Mozart-Handbuch (Bärenreiter-Verlag, 2005) stellte Volker Scherliess pointiert fest, dass paradoxerweise „ein Moment der Zusammengehörigkeit darin zu sehen [ist], wie unterschiedlich sie im Einzelnen voneinander sind.“
Nicht nur innerhalb dieser Trias gehört die vorletzte Sinfonie g-Moll KV 550 zu den bekanntesten Werken der Musikgeschichte. Das berühmte Eröffnungsmotiv tönt durch diverse Fernsehwerbungen, auch als Handyklingelton erfreut es sich überbordender Beliebtheit. Wieder einmal liegt der enorme, weit über die Klassikgrenzen hinaus reichende Erfolg des Werks auf die Mozart’sche Meisterschaft zurück, kompositorische Komplexität und eine bezwingende musikalische Einfachheit zu vereinen. Ohne den Einsatz von Pauken und Trompeten wirkt die Sinfonie düster und melancholisch und ist somit der introvertierte Gegenpart zur strahlenden letzten Sinfonie mit dem Beinamen „Jupiter“.
Die Tristesse und Melancholie sind von bezwingender Schönheit
Während der dritte Satz in seiner Schroffheit wie eine tänzerische Groteske wirkt, lässt Mozart im Finalsatz seinen schwarzen Gedanken „freien Lauf“, wie Mathias Husmann in seinen „99 Präludien fürs Publikum“ schildert: „Die Tutti sind lang und wild; es herrscht eine finstere Brillanz, denn selbst Zorn zu komponieren macht Spaß!“ Vielleicht liegt der Erfolg der „großen g-Moll-Sinfonie“, wie sie in Abgrenzung zur kürzeren Sinfonie g-Moll KV 183 genannt wird, auch genau darin: dass die Tristesse und Melancholie von solch bezwingender Schönheit und in solch klarer Musiksprache auskomponiert wurden, dass ausnahmslos jeder Hörer von diesem Werk sofort eingenommen wird. Dazu hätte es sicherlich auch keinerlei romantisierender Deutungen bedürft.
Die wichtigsten Fakten zu Mozarts Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550
1. Molto allegro
2. Andante
3. Menuetto – Allegretto
4. Finale – Allegro assai
Orchesterbesetzung: Eine Flöte, zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagotte, zwei Hörner, zwei Violinen, Viola, Violoncello, Kontrabass, Cembalo
Spieldauer: ca. 35 Minuten
Uraufführung: 16. und 17. April 1791 im Rahmen der Tonkünstler-Sozietät unter der Leitung von Antonio Salieri in Wien
Referenzeinspielung
Günter Wand Edition – Mozart: Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Günter Wand (Leitung)
Profil Medien
Die intensive und äußerst fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Günter Wand und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin ist ein grandioses Tondokument. Seine überragende künstlerische Meisterschaft ist hier zu bestaunen und auch Jahre nach seinem Tod ist sein Ruhm nicht verblasst. Er beginnt geradezu malerisch im ersten Satz und führt stilsicher in das erhabene Andante. Dem schnellen dritte Satz fehlt es trotzdem nicht an Tiefe und das Finale sprüht wiederum vor Inspiration und Authentizität.