(UA Wien 1814)
Die Achte ist Beethovens kürzeste Symphonie – aber sie hat es in sich!
Folgte die „humorige“ Vierte auf die Gruppe der jungen „stürmischen“ ersten drei, so bildet die „heitere“ Achte das Intermezzo nach der mittleren Gruppe der reifen „humanistischen“ drei vor der „vermächtnishaften“ Neunten. Mußte in der Vierten grimmiger Humor aus der seelischen Krise helfen, so waltet in der Achten die Heiterkeit stolzen Selbstbewußtseins: sie hat ein sehnsüchtiges Adagio nicht nötig und kann es sich leisten, statt eines geistsprühenden Scherzos sich der Menuette Haydns und Mozarts zu erinnern. Die imponierende Dramatik ist meisterhaft organisiert, die Geste der Achten ist ein spielerisches „als ob“.
1. Satz: ein lachendes Hauptthema: Da bin ich! Ich habe gute Laune – seht euch vor! Das witzige Seitenthema streckt den harmonischen Regeln der Sonatenform die Zunge heraus: es beginnt in irgendeiner Tonart, läßt sich dann zur Ordnung herab. Die Schlußgruppe baut in den schwingenden Dreiertakt collageartig vier grade Marschtakte ein, um dann seine Lust auf einen Walzer zu bekunden. Die Durchführung – in ständigem forte! – täuscht Dramatik vor, ihr Höhepunkt ist die Reprise als Kopfstand: das Thema lacht dröhnend in der Tiefe. In der Coda wird der Anfang zum Ende: was als Lachen begann, schließt mit einem Lächeln…
2. Satz: Parodie des Metronoms, das Johann Nepomuk Mälzel soeben erfunden hatte: Bläser ticken den Takt, das Thema ist eine Fingerübung. Der „Apparat“ war noch unzulänglich: ein paar Mal dreht die Mechanik durch. Am Schluß wird Herr Taktell zum König gekrönt…
Das Menuett ist absichtlich VIEL zu langsam – wer wie Beethoven sprühende Scherzi daraus zu machen pflegt, kann sich des Originals nur mit leichtem Spott erinnern…
Das Finale ist unfaßbar – ist es ein Ritt durch das Weltall oder auf einem Schaukelpferd? Das Thema schlägt Purzelbaum, der Meister greift in die kompositorische Trickkiste: Trugschlüsse (unerwartete harmonische Anschlüsse) und Rückungen (Versetzung der Tonart statt Modulation) müssen herhalten. Nach Durcheilen der Sonatenform zwei Fermaten: Soll ich? Wollt ihr? Dann heben wir ab: eine weitere Durchführung, eine soundsovielte vollständige Reprise – wie ein endloser Kreislauf…Terzen schwingen durch den Klangraum wie blinkende Sterne – ein lachender Schluß, dann zehn Jahre ohne Symphonie, aber dann…
(Mathias Husmann)