Was als Liebe des Schriftstellers und Komponisten Helmut Krausser zu den Opern Giacomo Puccinis begann, führte zur Veröffentlichung eines Realromans, der zehn Lebensjahre des italienischen Meisters des Belcanto nachzeichnet. Vorausgegangen war die Idee, die bewegende Lebensgeschichte Puccinis näher zu erforschen und die bis dato noch im Dunkeln liegenden Geheimnisse aus dessen Privatleben offenzulegen. Das Ergebnis bietet nicht nur Puccini-Anhängern spannenden Lesestoff, denn der Plot zeichnet ein detailliertes Bild der Privatperson im Konflikt zwischen der leidenschaftlichen Hingabe an seine Musik und einem turbulenten Liebesleben mitsamt Affären, Intrigen und einer gehörigen Portion Hass – eine Steilvorlage für einen dramatischen Romanstoff.
Crossover-Experiment zwischen Roman und Biografie
Krausser spinnt die Handlung entlang Puccinis obsessiven Liebschaften, die sich in einem komplizierten Geflecht zwischen seiner Ehefrau, einer ihm angedichteten Affäre mit seinem Dienstmädchen Doria, die in einem Prozess und schließlich im Selbstmord der Frau endet, einer tatsächlichen Liaison mit deren Cousine und der manischen Liebe zu einer bis dato unbekannten Geliebten abspielen. Verblüffenderweise gelingt es Krausser, bei seiner Recherche die Identität von besagter „Corinna“ zu entschlüsseln – ein Versatzstück aus Puccinis Leben, an dem Musikwissenschaftler bis zur Romanveröffentlichung mit Pauken und Trompeten gescheitert waren.
„Die kleinen Gärten des Maestro Puccini“ ist ein Crossover-Experiment zwischen Roman und Biografie, vom Autor sachlich zurückgenommen erzählt und mit eingeflochtenen Dokumenten und Briefen für alle zu Empfehlen, die sich gleichermaßen an historischen Fakten und plausiblen Fiktionen erfreuen können. Dass Krausser die Musik Puccinis kaum im Fokus hat, fällt aufgrund der Bekanntheit seiner Werke wenig ins Gewicht, wenngleich dem Leser sehr wohl Einblicke in den Erfolgsdruck während der Entstehungsprozesse der Opern vermittelt werden. Fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite.