Das erste Vierteljahrhundert seines Lebens verlief kurios. Hanns-Josef Ortheil wurde 1951 in Köln geboren. Während des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit hatten seine Eltern vier Söhne verloren, so dass ihm als fünfter Sohn nun eine ganz besondere Bedeutung und Aufmerksamkeit zuteil wurde. Mit dem Tod seines zweiten Bruders 1945 verstummte seine Mutter – und mit ihr Hanns-Josef Ortheil, der bis nach seiner Einschulung kein einziges Wort von sich gab. Als sein Vater keinen anderen Ausweg mehr sah, reiste er mit seinem Sohn für ein halbes Jahr zu seiner Familie in den Westerwald, wo er schließlich auf ungewöhnliche Weise sprechen und schreiben lernte.
Eine ganz eigene Art der Kommunikation fand Ortheil allerdings schon mit vier Jahren, nämlich in der Musik. Aus einer reinen Freude am Klang heraus spielte er zunächst am heimischen Klavier und stellte bald fest, dass er damit mehr als nur Klänge erzeugen konnte. Von nun an lag sein Fokus voll und ganz auf dem Klavierspiel. Er wollte Pianist werden und ging zum Klavierstudium nach Rom. Doch bereits mit Anfang zwanzig drohte das Vorhaben zu scheitern und sein Leben erneut zu zerbrechen.
Wie Musik das Leben verändern kann
Der stark autobiografisch geprägte Roman „Die Erfindung des Lebens“ zeigt, wie sich eine Schriftstellerkarriere entwickeln kann – und welche wichtige Rolle die Musik im Fall Ortheil dabei spielte. Souverän, eindringlich und ergreifend, dabei aber ohne Pathos, erzählt der Autor seine Geschichte, die ohne die Musik eine vollkommen andere Wendung genommen hätte. Das Finale endet in der Gegenwart: Eine neue emotionale Beziehung, eine erfolgreiche musikpädagogische Betätigung und schließlich sein eigener Auftritt als Pianist wirken wie eine Versöhnung mit dem eigenen Schicksal.