Imposant, stattlich, eine richtige Festschrift: Die Hamburgische Vereinigung von Freunden der Kammermusik feiert hundertjähriges Bestehen. 1922 entstand diese für das Selbstbewusstsein des Hamburger Bürgertums typische Privatinitiative zweier Kaufleute, um Kammerkonzerten mehr Auftrieb zu geben. Der Verein ist eine feste Größe im Hamburger Musikleben, internationale Musikstars geben sich hier ein Stelldichein. Nun also ein dicker Sammelband zum Jubiläum, gut 460 Seiten stark und eine wahre Lust. Keine Nabelschau, keine dröge Chronik, stattdessen eine große Vielfalt an Perspektiven und Positionen, in Form von Essays, historischen Schilderungen, Interviews aus der Musikpraxis, lebendig geschriebenen Musikanalysen, soziologischen Argumentationen, Erläuterungen politischer Aspekte von Kammermusik, auch Ausführungen zu neurophysiologischen Aspekten des Musizierens und transkulturelle Ansätze. Kurzum: Diskurse nah am Puls unserer Zeit.
Weites Panorama
Viele Prominente konnten für Interviews gewonnen werden, von Christoph Eschenbach bis Sharon Kam, von Isabelle van Keulen bis Sir András Schiff, von Mischa Maisky bis Maurice Steger. Überhaupt reicht der Blick weit über Hamburg hinaus: Nicolas Altstaedt erzählt vom Festival Lockenhaus im Burgenland, Elena Bashkirova von Jerusalem und auch der kürzlich verstorbene Pianist Lars Vogt ist vertreten, mit Erläuterungen zum von ihm begründeten Festival „Spannungen“ in Heimbach in der Eifel. Dieses weite Panorama vermittelt eindringlich die Faszination von Kammermusik.