Fast dreißigmal wechselte Ludwig van Beethoven in Wien seinen Wohnsitz. Dazu taub, laut, exzentrisch, mit zahlreichen Instrumenten im Gepäck – der Albtraum eines jeden Vermieters, auch wenn ein solches Umzugsverhalten am Ende des 18. Jahrhunderts durchaus üblicher war als heute. Nichtsdestotrotz: Die Art, wie man wohnt, ist auch immer Teil der Identität. „Wohnst du noch, oder lebst du schon?“, heißt es nicht nur in der Werbung. Beethovens Rast- und Heimatlosigkeit nehmen Regisseur Christoph Marthaler, Ausstatterin Anna Viebrock und Dirigent Sylvain Cambreling als Ausgangspunkt, um eine fiktive Hausgemeinschaft zu porträtieren, die zwischen den „Zentralgestirnen“ Glaube, Liebe, Hoffnung und Mietrückstand versucht, ihren Platz im Leben zu finden. Adresse? Tiefer Graben 8. Die Musik zu dem Werk, das die paradoxen Verbindungen von Wohnort, Identität und dem Streben nach Sinn entschlüsseln will, stammt natürlich von Beethoven und setzt sich aus dessen bekannten Kammermusikwerken, Orchester- und Chorkompositionen, aber auch aus unveröffentlichten Skizzen und Fragmenten zusammen, die eigens für das Sinfonieorchester Basel neu arrangiert wurden.
André Sperber