Seong-Jin Cho sieht sich als „Wanderer“ – wie wohl alle Künstler, für die Raum und Zeit kein leicht erfahrbares Kontinuum darstellt. Nun hat der gebürtige Koreaner ein Album zu diesem Thema programmiert, mit Schuberts „Wanderer-Fantasie“ sowie den beiden Klaviersonaten von Alban Berg und Franz Liszt. Chos Schubert-Darstellung haftet etwas Rastloses an, stürmisch bewegt, und das fast zu sehr. Sein klarer, leichtgängiger und rhythmisch pointierter Anschlag erweist sich als großes Plus, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass einige Farben blass bleiben. Davon hat Cho bei Berg und Liszt mehr zu bieten. Gerade Berg erweist sich als Traumgespinst, das stellenweise eine Wahlverwandtschaft zu Debussy andeutet. Die Liszt-Sonate hat sich einer immensen Konkurrenz im CD-Katalog zu erwehren und kann dort als verlässliche, teils rasante, teils spukhafte Variante im oberen Mittelfeld verortet werden.
The Wanderer
Schubert: Wanderer-Fantasie D. 760
Berg: Klaviersonate op. 1
Liszt: Klaviersonate h-Moll
Seong-Jin Cho (Klavier)
Deutsche Grammophon