Was für eine Parabel vor dem unmittelbaren Hintergrund der Shoa: Der Tod tritt in den Streik, während der Kaiser im Blutrausch einen Krieg anzettelt. Das ist die Ausgangssituation in Viktor Ullmanns Oper „Der Kaiser von Atlantis“, komponiert im KZ Theresienstadt. Eine Uraufführung hat der Komponist nicht erlebt, wie auch sein Librettist Peter Kien kam er in Auschwitz um. Die Neueinspielung mit dem jungen Pultstar Patrick Hahn, dem Münchner Rundfunkorchester und einem beeindruckenden Ensemble zeigt die Modernität in der Musik von Ullmann. Denn „Der Kaiser von Atlantis“ bietet im individuellen Zugriff eine Synthese der musiktheatralen Strömungen seit den 1920ern: Elemente aus Modetänzen und Jazz, geschärfte Spätromantik und Expressionismus, Rückgriff auf vorromantische Formen, episches Theater, politisches Kabarett. Die rasanten Umschwünge in Stilen und Temperaturen der Oper gelingen auf dieser Neueinspielung plastisch, in einer differenzierten Farbpalette, konturiert, theatral. Hier ist eine neue, sehr eindrucksvolle Referenzaufnahme entstanden.
Ullmann: Der Kaiser von Atlantis
Juliana Zara, Christel Loetzsch, Johannes Chum, Adrian Eröd, Lars Woldt, Münchner Rundfunkorchester, Patrick Hahn (Leitung)
BR-Klassik