Von John Eliot Gardiner gibt es erstaunlich wenige Schubertaufnahmen. Nun hat er diese Lücke zwar nicht geschlossen, aber angegangen, mit einem Livemitschnitt der fünften Sinfonie mit dem Orchestre Révolutionnaire et Romantique. Ausgerechnet die fünfte, diese „auf das Orchester übertragene Hausmusik“, wie es in Reclams Konzertführer 1985 heißt? Doch ist diese Musik wirklich „das Schlichteste, technisch Anspruchsloseste, was sich denken läßt“? Gardiner zeigt mit über siebzig Jahren, was auch in diesem Schubert steckt: ein junger, aufstrebender Komponist, der sicher noch nicht den Ausdruck seiner späteren Werke gefunden hat, der aber auf dem besten Weg dorthin ist. Noch nie klangen Teile dieser „Hausmusik“ so dramatisch und so Beethoven-nah. Beeindruckend gerät auch die zweite Serenade des jungen Brahms, die auf Geigen verzichtet. Mit vibratoarmen Klang kommt die herbe Klangfarbe aus tiefen Streichern und Bläsern voll zur Geltung. Das Tempo des Scherzos ist vielleicht etwas zu schnell – alles andere ist eine Offenbarung und ein leidenschaftliches Plädoyer für dieses unterschätze Werk.
Schubert: Sinfonie Nr. 5 B-Dur
Brahms: Serenade Nr. 2 A-Dur
Orchestre Révolutionnaire et Romantique, John Eliot Gardiner (Leitung)
Soli Deo Gloria