Mit Fazıl Say und Roberto Prosseda haben sich nun zwei Pianisten an eine Gesamteinspielung gemacht, deren Zugang unterschiedlicher kaum sein könnte.
Mozarts Klaviersonaten werden umso schwerer, je eingehender man sich damit beschäftigt: jeder Ton ist von Bedeutung. Fazıl Say hat allen Sonaten Titel gegeben (über deren Plausibilität man diskutieren kann) und nähert sich ihnen mit der Emphase eines Ausdrucksmusikers, dessen musikalisches Zentrum in der Romantik zu finden ist. Say ist ein so intelligenter wie fingerflinker Pianist, der in jedem Satz das Charakteristische sucht, das er mit pianistischen Mitteln herausarbeitet, dazu zählen Artikulation, Rubato und üppiger Pedaleinsatz. Das ist nie langweilig und wirkt dennoch ein wenig konventionell gegenüber Roberto Prossedas radikaler Lesart.
Prosseda, der zunächst die ersten sechs Sonaten eingespielt hat, deutet Mozart aus der Ästhetik seiner Zeit: als hoch differenzierte Klangrede, hinter der Mozarts vokale und instrumentale Einflüsse gerade deshalb umso deutlicher werden, weil sich Prosseda jeglicher Subjektivierung enthält. Dafür offenbart er auf dem Fazioli-Flügel eine artikulatorische Finesse, die Staunen macht: beispiellos sein Arsenal an Non-legato-Abstufungen wie sein dynamisches Spektrum. Man hört hier gebannt, wie Mozarts Musik, von jeglichem Gefühlsdusel befreit, in purer Reinheit zu uns spricht.
Mozart: Klaviersonaten Nr. 1-18
Fazıl Say (Klavier)
Warner (6 CDs)
Mozart: Klaviersonaten Nr. 1-6
Roberto Prosseda (Klavier)
Decca (2 CDs)