Tageskalender mit kurzen Geschichten zur Erbauung, Zerstreuung oder Belustigung gab es schon im 17. Jahrhundert, und noch heute finden sie ihre Leserschaft. Die britische Autorin, Geigerin, Radio- und Fernsehmoderatorin Clemency Burton-Hill springt mit ihrem Buch „Ein neues Jahr voller Wunder – Klassische Musik für jeden Tag“ auf diesen Zug auf und bereist mit ihm ein zweites Mal die blühenden Landschaften der klingenden Kunst. Für jeden Tag im Jahr stellt sie auf einer Seite – manchmal nur in einem kurzen Absatz – ein Musikstück vor, das ihr besonders am Herzen liegt. Ob das „Kyrie“ aus Guillaume de Machauts „Messe de Nostre Dame“, einen argentinischen Tanz von Alberto Ginastera oder die Arie „Glück, das mit verblieb“ aus Erich Wolfgang Korngolds Oper „Die tote Stadt“ – immer trifft Burton-Hill eine ganz persönliche Auswahl, die sie ebenso persönlich begründet. Kurze Randnotizen zur Entstehungs-, Aufführungs- und Rezeptionsgeschichte des jeweiligen Stücks treffen dabei auf assoziative Betrachtungen und (oft schwärmerische) Beschreibungen des Höreindrucks.
Gelegentlich gibt es auch eine inhaltliche Verknüpfung zwischen Datum und Musikstück – wie bei Leonard Bernsteins „America“ zum 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der USA. Hier sowie an vielen anderen Stellen bestimmt Burton-Hills Verwurzelung in der anglo-amerikanischen Kultur die Auswahl der Komponierenden. Entdecken lässt sich in dieser umfangreichen Sammlung kurzweiliger Musikhäppchen aber vieles – bis hinein in den Bereich der zeitgenössischen Musik. Die Spotify-Playlist zum Buch erspart das mühsame Zusammensuchen der beschriebenen Musikstücke, und ein alphabetisches Register ermöglicht sogar das gezielte Aufstöbern und Wiederfinden einzelner Komponisten und Werktitel.
Ein neues Jahr voller Wunder – Klassische Musik für jeden Tag
Clemency Burton-Hill
Diogenes, 464 Seiten
29 Euro