Comics über Komponisten gibt es inzwischen viele. Aber wohl keiner findet einen so persönlichen Zugang zu seiner Titelfigur wie Thomas von Steinaeckers fast 400 Seiten starke Graphic Novel über den Neutöner Karlheinz Stockhausen. Der Autor war ein Freund des Komponisten, dessen Musik er bereits in seiner frühen Jugendzeit entdeckte. Diesen autobiografischen Zugang – die Stilisierung des Pioniers der elektronischen Musik zu einem Superhelden der Kinderfantasie – arbeitet der Romanautor, Dokumentarfilmer und Comicszenarist in sein Buch mit ein. So wird Steinaeckers eigene Biografie, beginnend in den späten 1980er-Jahren, mit jener Stockhausens verwoben.
Ein erzählerischer Kniff, der auch deshalb absolut überzeugt, weil für das gemeinsame Buchprojekt der hervorragende Illustrator David von Bassewitz gewonnen werden konnte. Dessen Bilder fangen Stimmungen und das historische Zeitkolorit wunderbar ein. Zuweilen erstrecken sich die Zeichnungen über zwei Buchseiten, etwa wenn der Höreindruck von Stockhausens ebenso befremdlichen wie überwältigenden Klängen ihr grafisches Pendant in einem Durcheinander aus blauen, roten und schwarzen Linien, Kringeln und Klecksen findet. Man betrachtet Stockhausens düster gemalte Kindheit in der Nazizeit, die ersten skandalösen Aufführungen seiner Musik in Köln, erfährt en passant von seinen Einflüssen auf die Pop-Kultur und vom Abgleiten in eine mystische Hybris, die in der Arbeit am Opern-Zyklus „Licht“ ihren Höhepunkt findet. Hier kündigt die Graphic Novel, die man, einmal aufgeschlagen, gar nicht mehr aus der Hand legen mag, eine Fortsetzung an, auf die man sich schon jetzt freuen darf.
Stockhausen – Der Mann, der vom Sirius kam
Thomas von Steinaecker & David von Bassewitz
Graphic Novel
Carlsen, 392 Seiten
44 Euro