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Buchrezension – Ian Bostridge: Das Lied & das Ich

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Ian Bostridge stellt in seinem neuen Buch „Das Lied & das Ich“ Fragen zur Identität des Liedsängers.

vonEcki Ramón Weber,

Über Schuberts „Winterreise“ hat er schon ein Buch vorgelegt. Wenn Ian Bostridge diese Lieder singt, dann wirken sie so direkt, als hätte er sie selbst als Singer-Songwriter verfasst. „Bei jeder Aufführung ist Identität etwas, womit wir Interpreten uns auseinandersetzen müssen“, erklärt er nun in „Das Lied & das Ich“.  Eigentlich eine Binsenweisheit, aber eine sehr komplexe Angelegenheit. Schließlich muss er, gleich einem Schauspieler, eine Haltung zu dem, was er vorträgt, einnehmen. Dazu gehört Kontext. Was dies konkret bedeutet, erklärt Bostridge in drei  Essays anhand ausgewählter Werke. Diese betrachtet er im Licht aktueller Diskurse zu Gender, Klasse und Kolonialismus. Die Bedeutung des Geschlechts legt er etwa bei Claudio Monteverdis „Combattimento di Tancredi e Clorinda“ und Robert Schumanns „Frauenliebe und -leben“ dar. Ist die Analyse des historischen Kontexts bei Monteverdi erhellend, so vernachlässigt die aufs Biografische fokussierte Darstellung bei Schumann indes das Machtgefälle zwischen den Geschlechtern im 19. Jahrhundert. Sehr differenziert ist dagegen die umfassende Betrachtung von Maurice Ravels Liederzyklus „Chansons Madécasses“, die von der Geschichte Madagaskars, von Kaffeehandel und Sklaverei bis zu Ravels eigener Position und dem Rifkrieg in Marokko reicht. Genauso aufschlussreich erweist sich Bostridges Blick auf den Pazifisten Benjamin Britten und dessen kompositorische Auseinandersetzungen mit dem Tod. Ein Buch, das Augen und Ohren öffnet.

Ian Bostridge
Ian Bostridge

Das Lied & das Ich. Betrachtungen eines Sängers über Musik, Performance und Identität
Ian Bostridge
C.H.Beck, 142 Seiten
22 Euro

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