Im Escape Room gibt es für jeden Adrenalin-Junkie ein Entrinnen – und sei es, am Ende des Tages von der Putzkolonne herausgekehrt zu werden. Die existentielle Krise hingegen, in die Beat schlittert, ist kein Spiel. Gerade lief scheinbar alles noch wie am Schnürchen: Mit der gelungenen „Balance aus Loslassen und Spannung“ erspielt er sich auf der Marimba mit Keiko Abes „Variations on Dowland’s Lachrimae Pavana“ das Jahresstipendium, das ihm die finanzielle Freiheit für sein Abschlussjahr an der Musikhochschule sichert. Musik ist sein Leben. Doch plötzlich spürt er sie nicht mehr. Sogar die für ihn so prägende Chaconne in d-Moll von Johann Sebastian Bach und Steve Reichs Sextet erzeugen in ihm keine körperliche Resonanz, als sei die Leitung zwischen Gehör und Gefühl gekappt: „Obwohl er alle Töne wahrnimmt: kein Prickeln. Weder Schweben noch Erregung, nicht einmal das Bedürfnis, zum Rhythmus zu wippen. Was für ein langweiliges Stück, denkt Beat.“
Starke Klangbilder
Schlagzeuger in einem Orchester wollte er werden. Nun quälen ihn Zweifel am Studium, seinem Berufswunsch und sich selbst, begleitet von Panikattacken und immer krasseren Wahrnehmungsstörungen. Mit starken – auch klanglichen – Bildern und einer Sprache, die sogar Sprachlosigkeit zum Ausdruck bringt, versteht es Ann Kathrin Ast, den Tumult in Beats Innenwelt und seine besondere Verarbeitung von Sinneseindrücken erlebbar zu machen.
Der Roman liest sich wie ein surreal anmutender Psychothriller, in dem nicht nur Beat, sondern auch der Leser die Orientierung verliert; Realität, Traum und Wahn verschwimmen zu einer verstörenden Gemengelage. Dabei zeigt sich in Person von Beats Kommilitonin Viktoria immer wieder ein Hoffnungsschimmer am düsteren Himmel. Kann sie ihm helfen, einen Ausweg aus seinem persönlichen Escape-Room zu finden?
Beat
Ann Kathrin Ast
Oktaven, 231 Seiten
24 Euro