Über Zungenkrämpfe und „geduldige Ungeduld“ zum Erfolg: Natürlich gibt Felix Klieser Fallbeispiele aus seiner musikalischen Berufung und Bewährungsnische. Diese ist das Horn. Klieser spielt es mit dem Fuß, denn er lebt ohne Arme. Seine Physis befähigte ihn nach intensivem Studium und Wollen dazu. Für den 1991 geborenen Echo-Preisträger aus Göttingen erfüllte sich ein Lebenstraum. Von seiner aus Pragmatismus und Optimismus erworbenen – es gibt in diesem Fall kein treffenderes Wort – Lebensweisheit erzählt Klieser hier auf äußerst sympathische Weise. Der Band versteht sich als Anregung, nicht als altmeisterliche Direktive.
Klieser vermeidet die larmoyante Haltung der Selbstbetroffenheit aufgrund eines physischen Ausnahmezustands wie die Siegerpose und einen Stolz, den er sich eigentlich leisten könnte. „Ich habe mich nie über meine Behinderung definiert“, artikuliert er auf Seite 100 und folgert kurz darauf: „Stattdessen habe ich mich immer darüber definiert, was ich mir vom Leben gewünscht habe.“ Eine prahlerische Anleitung mit dem Versprechen, dass immer alles möglich sei, gibt Klieser nicht. Vielmehr beschreibt er Entscheidungsherausforderungen und durch Zufälle entstandene Offenbarungen. Unausgesprochen wird deutlich, dass es zur Verwirklichung von persönlichen Idealen eines hartnäckigen, aber nicht unbeugsamen Willens und Strebens bedarf. Klieser räumt immer ein, dass er wesentliche Erfahrungen durch Fehler gemacht hat. Deshalb wird die Lektüre zu einem Vergnügen und regt zum Überlegen an.
Stell dir vor, es geht nicht und einer tut es doch
Felix Klieser
Econ, 256 Seiten
22,99 Euro