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Buch-Rezension Bob Ross – Dirigenten und andere Katastrophen

Humoristisches aus der Diktatur

In diesem Buch geht es um die Königsklässler der klassischen Musik: die Dirigenten – oder die Diktatoren, wie Bob Ross sie auch gerne nennt

vonNicole Korzonnek,

Dass der schottische Hornist Bob Ross ein besonderes Händchen für humoristische Anekdoten hat, ist nicht erst seit seinen beiden vorherigen Büchern „Ein Schotte auf Reisen“ und „Pfiffe & Applaus“ Musikliebhabern bekannt. Schließlich sorgt er als Gründer und Dirigent seines Ensembles Blechschaden mit seinen Moderationen beim Publikum für viele Lacher. In seinem aktuellen Büchlein nimmt sich der umtriebige Schotte, der seit 1979 als Hornist bei den Münchner Philharmonikern spielt, die Königsklässler der klassischen Musik zur Brust: die Dirigenten – oder die Diktatoren, wie Ross sie auch gerne nennt.

Sergiu Celibidache und die Münchner Philharmoniker

Denn bis auf ein paar Ausnahmen scheinen laut Ross so ziemlich alle Dirigenten nicht nur besonders eitel und selbstverliebt, sondern vor allem despotisch zu sein. Insbesondere einer bekommt sein Fett weg: der 1996 verstorbene Sergiu Celibadche, der im gleichen Jahr wie Ross bei den Münchner Philharmonikern anfing. Nun mag man gespaltener Meinung dazu sein, wie ehrenrührig es ist, sich über einen Dirigenten auszulassen, der sich nicht mehr wehren kann. Doch man muss Bob Ross zugute halten, dass er die äußerste Grenze des Anstands nicht überschreitet.

Celibidache wird von ihm zwar in keinem sympathischen Lichte dargestellt, persönlich beleidigend wird der Hornist in seinen Schilderungen aber nicht. Ein letztes Fünkchen Respekt ist ihm dann doch noch geblieben. Trotzdem plaudert er munter aus dem Nähkästchen, wenn es um die – oft anonymisierten – eitlen Eigenheiten diverser Dirigenten geht. Und wie ein Orchester damit umgeht. Alkoholexzesse spielen da ebenso eine Rolle wie mehr oder minder heimliche Mordgelüste und eine heimliche Top-Ten-Liste mit den schlimmsten, weil unmenschlichsten Dirigenten, die in Zusammenarbeit eines englischen Orchesters mit den Münchner Philharmonikern entstanden ist – und die angeblich ausschließlich von deutschen Dirigenten angeführt wird.

Schattenseiten des Orchesters im Lichte des feinen Humors

Wobei Bob Ross aber nicht nur Dirigenten, sondern den klassischen Musikbetrieb an sich in seinem humoristischen Büchlein aufs Korn nimmt. Dabei macht er auch vor sich selbst nicht halt, wenn er von Pleiten, Pech und Pannen berichtet, die er zusammen mit Blechschaden erlebt habt. Manchmal kann man als Leser den Eindruck gewinnen, dass der Schotte während seiner Schilderungen den Faden verliert und kurz in andere Gefilde abschweift, aber letztlich hält seine tiefe Liebe zur Musik sämtliche Anekdoten thematisch zusammen.

So ist „Dirigenten und andere Katastrophen“ eine kurzweilige und unterhaltsame Lektüre, die mit viel feinem Humor auch von den Orchesterschattenseiten berichtet ohne dabei aber um Mitleid heischen zu wollen. Im Gegenteil. Lachen ist ausdrücklich erwünscht.

Dirigenten und andere Katastrophen
Bob Ross
160 Seiten
Langen-Müller

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