Cembalo: zu trocken, zu monochrom? Wer diesen Verdacht hegt, sollte sich an die neue Einspielung von Andreas Staier halten, der den zweiten Band von Johann Sebastian Bachs „Wohltemperiertem Klavier“ aufgenommen hat. Sein Pariser Nachbau des Instruments orientiert sich an einem Hamburger Hieronymus Albrecht Hass-Cembalo von 1734. Und Staier spielt so beredt, so eloquent, dass der Cembalo-Klang selbst Skeptikern gefallen dürfte. Staier wählt die Tempi behutsam, lässt die Musik atmen, lässt es, wo erforderlich, rauschen und schnurren, er lässt aber auch klagen und lobpreisen, als wäre man in Bachs Kantaten unterwegs. Die einzelnen Stimmen führt er genau, hebt hervor und fügt chorisch zusammen. Die Es-Dur-Fuge etwa gerät majestätisch und würdevoll, die Figuren des G-Dur-Präludiums wiederum reihen sich wie Perlen an einer Kette, sanft klagend formt er das a-Moll-Präludium. Eine Aufnahme voller Erkenntnisse.
J. S. Bach: Das Wohltemperierte Klavier (Teil II)
Andreas Staier (Cembalo)
harmonia mundi