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Rezension Anaëlle Tourret – Perspectives

Auf der Stuhlkante

Opulentes Spiel der Klangfarben: Anaëlle Tourrets Solo-Debüt „Perspectives“.

vonMaximilian Theiss,

Über zwanzig Werke gab die 1992 in Orléans geborene Anaëlle Tourret für ihr Instrument in Auftrag. Für ihr Debütalbum indes greift die Solo-Harfenistin des NDR Elbphilharmonie Orchesters auf vergleichsweise historisches Material zurück. Ihre mit „Perspectives“ betitelte Zeitreise startet ein knappes Jahrhundert vor unserer Gegenwart mit André Caplets Harfen-Divertissements, das eine mit „à la française“ betitelt und an Debussys traumwandlerischen Impressionismus anknüpfend, das zweite, „à l’espagnole“, mit Anleihen an die spanische Gitarrenmusik. Natürlich lässt sich der Albumtitel in verschiedene Richtungen hin deuten, doch Tourrets spannungs- und atemberaubend klangreiches Spiel zwängt einem nachgerade Assoziationen mit Instrumenten auf, als ob die Harfe deren Perspektive einnähme. Pianistisch und gitarrenhaft klingt sie bei Caplet, erfrischend cembalesk in Hindemiths Harfensonate von 1939, und den Schlussatz von Brittens Suite für Harfe (1969) gestaltet Tourret derart opulent, als handele es sich um ein Orgel- oder gar Orchesterstück. Man hat den Eindruck, als würde sie von Stück für Stück auf ihrem Stuhl immer weiter vor die Kante rücken, bis sich die Spannung in Heinz Holligers „Präludium, Arioso und Passacaglia“ vollends entlädt. Dann ist man als Hörer im Jahr 1988 angelangt. Und auf ganz wundervolle Weise erschlagen.

Anaëlle Tourret
Anaëlle Tourret

Perspectives
Werke von Hindemith, Caplet, Britten & Holliger

Anaëlle Tourret (Harfe)
C2 Hamburg

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