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Sommerreihe: Starke Frauen – Pauline Viardot

Eine freie Künstlerin

Als eine der größten Sängerinnen des 19. Jahrhunderts beeinflusste Pauline Viardot die wichtigsten Opernkomponisten ihrer Zeit. Doch nicht nur das – sie hat auch selbst ein umfangreiches Œuvre hinterlassen

vonWolfgang Wagner,

„….kurz, ich fand wieder bestätigt, was ich immer gesagt, sie ist die genialste Frau, die mir je vorgekommen, und wenn ich sie so sitzen sah am Klavier, [die Aufführung] mit größter Leichtigkeit leitend, so wurde mir weich ums Herz, und ich hätte sie vor Rührung an mich drücken mögen“, schrieb eine begeisterte Konzertbesucherin am 3. Oktober 1867 über Pauline Viardot. Nun ist eine gute Konzertkritik an sich nichts Herausragendes, stammte sie nicht aus der Feder von Clara Schumann. In einem Brief, den sie während eines Parisaufenthalts an ihren langjährigen Freund Johannes Brahms schrieb, erzählte sie von den sechs Aufführungen von Viardots Bühnenwerken, die sie in der französischen Hauptstadt besucht hatte.

Doch wer war diese Frau, die Clara Schumann so sehr mit ihrem Können überzeugte? Am 18. Juli 1821 wurde Pauline Viardot in Paris in die spanischstämmige Musikerfamilie García hineingeboren und so war ihre künstlerische Laufbahn früh vorgezeichnet. Ihr Vater, Manuel García, wurde von Rossini als Sänger sehr geschätzt und ihre große Schwester, Maria Malibran, war einer der gefeiertsten Mezzosopranistinnen ihrer Zeit. Pauline Viardots außerordentliche Talente wurden früh erkannt und so erhielt sie Klavierunterricht bei Franz Liszt und Kompositionsunterricht bei Anton Reicha. Ihre Mutter drängte sie jedoch dazu, die Familientradition fortzusetzen und Sängerin zu werden.

Verheiratet, doch uneingeschränkt: Pauline Viardot

Viardot gab dem Wunsch der Mutter nach und debütierte 1837 in Brüssel; in der Folgezeit war sie dann an verschiedenen Bühnen engagiert. Doch die Komposition ließ die Sängerin nicht los: 1838 wurde mit dem Lied „Die Kapelle“ erstmals eines ihrer Werke veröffentlicht. Im gleichen Jahr lernte Pauline Viardot bei einer Tournee, die sie mit ihrem Schwager unternahm, das Künstlerehepaar Clara und Robert Schumann kennen, mit dem sie ihr Leben lang verbunden blieb. Das eingangs angeführte Zitat kann man entsprechend als Resümee einer persönlichen Verbindung von über 30 Jahren lesen.

Pauline Viardot-García, ca. 1908
Pauline Viardot-García, ca. 1908 © gemeinfrei

In einer Zeit, in der vielen anderen hochbegabten Frauen, beispielsweise Fanny Hensel, durch ihre Väter oder Ehemänner Auftritts- und Ausbildungsmöglichkeiten verweigert wurden, hätte alles auch ganz anders kommen können. Doch ihre Heirat mit dem als Schriftsteller und Übersetzer tätigen Louis Viardot im Jahr 1840 setzte ihrem künstlerischen Wirken glücklicherweise keine Schranken. Im Gegenteil: Louis Viardot begleitete seine Pauline auf ihren ausgedehnten Konzertreisen und sie konnte sich als Künstlerin zeitlebens frei entfalten.

Ein Triumph für Meyerbeer

So war sie schon in den frühen 1840er Jahren europaweit eine Berühmtheit. Ein Erfolg, der neben ihren Gesangsfähigkeiten auf ihrem enormen darstellerischen Talent beruhte, mit dem sie selbst bei bekannten Tonsetzern ihrer Gegenwart Bewunderung hervorrief. So hinterließ vor allen Dingen ihr Spiel der Partie der Fidès in der Uraufführung von Meyerbeers «Die Propheten» enormen Eindruck bei dem Komponisten. Nach dem großen Erfolg, den ihm der Abend des 16. April 1849 gebracht hatte, schrieb Meyerbeer an seine Mutter, einen großen Teil der Wirkung sei er «der Viardot schuldig, die sich als Sängerin und Schauspielerin zu einer tragischen Höhe erhob, wie ich sie noch nie auf dem Theater gesehen habe.“

Als sich Pauline Viardot 1863 von der Bühne zurückzog, folgten Jahre, in denen sie als Komponistin äußerst produktiv war. Sie lebte nun mit ihrer Familie in Baden-Baden, unterrichtete und komponierte. Die Tatsache, dass sie im Garten ein eigenes kleines Opernhaus hatte, bot beste Voraussetzungen, um Bühnenwerke gleich szenisch umzusetzen – eine Chance, die auch ihre Schüler sehr zu schätzen wussten. Die Texte zu diesen Werken schrieb Ian Turgeniev, der sich während der drei Petersburger Jahre von 1843 bis 1846, in denen Pauline Viardot dort als Sängerin engagiert war, in sie verliebt hatte und ihr nach Deutschland gefolgt war. Ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit war die Kammeroper „Le dernier sorcier“ (Der letzte Zauberer) aus dem Jahr 1869. Nur einmal noch kehrte die Sängerin auf die Bühne zurück: Auf dringenden Wunsch ihres Freundes Johannes Brahms, dessen Alt-Rhapsodie sie 1870 in Jena aus der Taufe hob.

Salon-Kultur in Paris

Im Anschluss an die Zeit in Baden-Baden verlegte Viardot ihren Lebensmittelpunkt zurück nach Paris. Dort unterrichtete sie am Konservatorium und leitete sie bis zu ihrem Tod 1910 einen Salon, in dem sich die bedeutenden Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur begegneten. Auch Pauline Viardots eigene Werke kamen in diesem Rahmen häufig zur Aufführung. Auch im hohen Alter war sie noch produktiv und schuf beispielsweise 1904 die Operette «Cendrillon».

Hören Sie hier die Lieder „Aimez-moi ma mignonne“ und „Hai luli!“ von Pauline Viardot:

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