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Porträt Seong-Jin Cho spielt mit voller Seele Klavier

Aus tiefstem Herzen

Der Seong-Jin Cho ist in seiner südkoreanischen Heimat bereits ein Star und gilt auch hierzulande
bei vielen Klassikfans als Pianist der Stunde

vonElisa Reznicek,

Man kennt ihn als „Chopin-Champion“, doch eigentlich will Seong-Jin Cho nur eines sein: ein Pianist, der für sich selbst steht und mit seinem vielfältigen Schaffen überzeugt. „Wissen Sie: Am liebsten wäre es mir, wenn die Leute ganz schnell vergessen, dass ich 2015 den Chopin-Wettbewerb in Warschau gewonnen habe“, erzählt der Koreaner. Und er ergänzt: „Musiker wie Maurizio Pollini, Martha Argerich und Krystian Zimerman haben dort auch den 1. Platz belegt. Wenn man von ihnen spricht, dreht sich aber nicht alles ausschließlich um diesen Sieg und Chopin. Man sieht sie vielmehr generell als großartige Pianisten. Ich würde es schön finden, das auch irgendwann zu erreichen!“

Seong-Jin Cho – ein Klavierspiel ohne Effekte und Ego-Show

Und die Sache mit dem Ruhm? Immerhin konnte Cho eine Zeit lang kaum in Korea über die Straßen gehen, ohne von seinen begeisterten Fans angesprochen zu werden. Und er hat sich auch in den USA, Europa und Asien einen sehr guten Namen gemacht. „Diese Form von Bekanntheit ist mir ehrlich gesagt gar nicht wichtig“, räumt der Pianist ein, dessen höflich-zurückhaltende Art Bände spricht. Schnell wird klar: Wo wie bei ihm die Liebe zur Musik mehr zählt als verkaufte Platten und Tickets, ist auch der Ansatz ein anderer.

Seong-Jin Cho
Seong-Jin Cho © Harald Hoffmann/DG

Effekte und eine Ego-Show nur um der Publicity willen gibt es bei Cho wirklich nicht. „Ich bin glücklich, wenn ich in einer Stadt 2000 Menschen in den Konzertsaal locken kann. Mehr Leute müssen mich im Prinzip gar nicht kennen“, erklärt er mit einem Schmunzeln im Gesicht. Trotzdem – oder vermutlich sogar gerade deswegen – kommen seine Bewunderer in Scharen. So konnte sich der Pianist bereits einen seiner größten Kindheitsträume erfüllen: Er spielte Anfang 2017 im ausverkauften großen Saal der Carnegie Hall in New York. Seit einigen Monaten wohnt der 1994 in Seoul geborene Musiker nun in Berlin, das er als eine kulturell offene, junge und spannende Stadt voller Möglichkeiten empfindet. „Obwohl ich beruflich viel reise und kaum dort bin, fühlt es sich wie ein richtiges Zuhause an.“ In seiner Wahlheimat will er auch Deutsch lernen, um sich den Menschen im Umfeld, aber auch Komponisten wie Schubert, Schumann und Beethoven leichter nähern zu können. Außerdem beginnen im Sommer die Aufnahmen zu einer Mozart-CD, die nahtlos an die Erfolge der bereits veröffentlichten Alben anknüpfen soll.

Auf den Spuren Claude Debussys

Auf zwei Selbstläufer mit der Musik Chopins bei der Deutschen Grammophon (das Debüt stieg sogar auf Platz 1 der Koreanischen Popcharts) folgte Anfang 2018 eine hochgelobte Debussy-Einspielung. Die Kritik schwärmt von Chos künstlerischer Reife, psychologischen Tiefe und atmosphärischen Umsetzung. „Diese Musik zu spielen, hat sich für mich sehr natürlich angefühlt. Außerdem hat mir mein Lehrer Michel Béroff, der Debussy-Spezialist ist, sehr viel beigebracht“, erzählt der Pianist, der genau wie Debussy am Pariser Konservatorium studiert und lange in Paris gewohnt hat. Durch seine Zeit in Frankreich konnte er sich perfekt auf den Charakter und die Empfindungen in dieser besonders ausdrucksstark nuancierten Musik einlassen, wie er betont. „Ich habe beispielsweise viele Museen besucht und mir impressionistische Kunstwerke angeschaut. Das hat mich sehr inspiriert!“ Nur die Frage, wie er generell die Stücke auswählt, die er spielt, lässt ihn kurz zögern. „Ich finde, das zu beantworten ist immer das Schwierigste in einem Interview. Oft spiele ich ein Werk einfach nur, weil ich es mag. Manchmal auch, weil ich es liebe! Aber wie soll man ein Gefühl mit Worten erklären, das aus tiefstem Herzen kommt?“

Seong-Jin Cho spielt «Clair de Lune»:

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