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Porträt Julia Hagen

Im Höhenflug

Leichtigkeit und Ehrgeiz schließen einander nicht aus, wie die aufstrebende Cellistin Julia Hagen eindrucksvoll beweist.

vonTeresa Pieschacón Raphael,

Wurzeln und Flügel seien die zwei Dinge, so dichtete Goethe, die Kinder von ihren Eltern mitbekommen sollten. Die Cellistin Julia Hagen kann sich nicht beklagen. 1995 in Salzburg geboren, wuchs sie in einer berühmten Salzburger Musikerfamilie auf. Vater, Onkel und Tante gründeten in den Siebzigerjahren das berühmte Hagen Quartett, der Großvater war Konzertmeister im Mozarteumorchester, Julias Mutter ist Bratschistin. Dennoch warnt die junge Cellistin vor Klischees. „Vielleicht denken viele, dass in unserer Familie nur Musik eine Rolle spielt – hier muss ich alle enttäuschen. Dieses Thema hat in meiner Kindheit nicht mehr Raum eingenommen als etwa Schule, Sport oder Freunde“, erzählt sie. Doch sie sagt auch: „Meine zwei älteren Geschwister hatten schon Geige und Klavier gelernt, und ich wollte ihnen beim Spielen nicht nur zusehen, sondern selbst mitmusizieren.“ Ihre Wahl fiel auf das Cello, das Instrument des Vaters. Und doch war es nicht er, der ihr im Alter von fünf Jahren den ersten Unterricht gab. Bereits mit zwölf Jahren wusste sie, „dass ich Musik zu meinem Beruf machen will“, und so trieb sie ihre Ausbildung energisch und mit großem Ehrgeiz voran. Von regelrechten „Übungstagebüchern“ ist an anderer Stelle sogar die Rede.

Julia Hagen: Früher Erfolg

Von 2007 bis 2011 setzte sie am Mozarteum Salzburg ihr Studium fort und an der Wiener Musikhochschule bei Heinrich Schiff, dessen Aufnahmen sie bereits als Kind „rauf und runter gehört“ hatte. Rückblickend eine sehr erfolgreiche Zeit, die sich in aller Kürze so darstellt: Debüt mit vierzehn Jahren als Solistin im Brucknerhaus Linz mit dem Wiener Jeunesse ­Orchester. Im Anschluss Auftritte in mehreren Ländern Europas, unter anderen mit dem Mozarteumorchester Salzburg und dem Konzerthausorchester Berlin. Außerdem: Preise beim Internationalen Cellowettbewerb in Liezen (2010), dem Internationalen Johannes Brahms Wettbewerb in Pörtschach (2014) oder dem Cellowettbewerb Mazzacurati in Turin (2016).

Doch irgendwann kam die Zeit, Österreich und das „behütete“ Salzburg zu verlassen. Ihre jetzige Wahlheimat Berlin habe sie „in jedem Fall wachsen lassen“ und „persönlich sehr gutgetan“. Bis 2019 studierte sie bei Jens Peter Maintz an der Universität der Künste, trat auf renommierten Festivals auf wie dem Beethovenfest Bonn, dem Festival d’Aix-en-Provence, den Rencontres musi­cales d’Évian und den Musiktagen Mondsee sowie im Wiener Konzerthaus und vielen anderen. Außerdem veröffentlichte sie 2019 ihre Debüt-CD bei Hänssler Classic mit den Cellosonaten von Johannes Brahms.

Julia Hagen
Julia Hagen

Starke Flügel

Mag sein, dass sich bei ihrem prominenten Nachnamen so manche Tür geöffnet hat. Doch durch die Tür muss sie selbst gehen und sich bewähren. Noch ist die 26-Jährige im Alter der Nachwuchspreise, Akademie-Stipendien und Fellow­ships. Und sie lebt in einer Zeit der inflationären Lobeshymnen mit einer Presse, die oft nicht mehr zwischen Musik-Kritik und -PR unterscheidet, sowie in einer Gesellschaft, die Jugend an sich für ein Verdienst hält. Bei der Frage, wie kritisch man in ihrer Familie mit ihr sei, antwortet sie: „Da muss ich schmunzeln, weil die Frage eher heißen müsste: Wie kritisch sind Sie mit sich selbst?“ Sie sei „furchtbar“ streng mit sich selbst und selten „mal wirklich zufrieden“. Selbstverständlich höre sie auch auf die Kritik von Lehrern und Mentoren und freue sich, dass ihre Familie sie immer unterstützt habe. „Ich bin jedenfalls unfassbar dankbar, dass ich zwar einen der genialsten Cellisten als Vater habe, ihn aber trotzdem nur als Papa wahrnehme.“

Den ersten Lockdown, so war zu lesen, verbrachte sie größtenteils in Salzburg mit Arbeit, aber auch mit Entspannung. Sie wandert gern, ist oft mit ihrem Hund unterwegs, und sie genießt die Zeit mit Freunden. Außerdem liebt sie das Kochen und Backen. Das könne sie „zwar nicht besonders gut, aber ich kann dabei hervorragend abschalten.“ Bitter war allerdings manche Corona-bedingte Absage. „Es ist nicht selbstverständlich, dass man noch mal gefragt wird für das gleiche Repertoire. Aber ich bin noch jung, und es werden hoffentlich neue Chancen kommen“. Wie etwa die Auftritte in Lebbin und Binz. Ihre Flügel sind stark.

Aktuelles Album

Album Cover für Brahms: Cellosonaten Nr. 1 & 2

Brahms: Cellosonaten Nr. 1 & 2

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