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Joseph Moog im Porträt

Virtuose Schildkröte

Joseph Moog lehnte es ab, als Wunderkind vermarktet zu werden – und gehört nun zu den wichtigsten Pianisten seiner Generation

vonJakob Buhre,

Klappern gehört zum Handwerk – auch im Bereich der klassischen Musik lässt sich das immer häufiger beobachten. Images werden aufgebaut, sei es mit Foto-Shootings, Musikvideos oder öffentlichem Internet- Tagebuch. Doch genauso gibt es immer noch zahlreiche Interpreten, die wenig Aufhebens um ihre Person machen und den Fokus stets auf die Musik legen. Joseph Moog zum Beispiel.

„Als ich dreizehn Jahre alt war, gab es Interesse von einer großen Plattenfirma“, erinnert sich der 1987 geborene Pianist. „Das Angebot war schon sehr konkret, es wäre eine ,Wunderkind‘- Inszenierung gewesen. Das Label hat aber auch deutlich gemacht, dass das von mir und meinen Eltern klar gewollt sein müsste.“ Moog wollte nicht, ebenso wenig seine Eltern. Deren Förderung war behutsam, ohne Drill – und auch dem Zufall geschuldet. Denn als sich die beiden Orchestermusiker einen Flügel kauften, um zuhause proben zu können, hat vor allem der kleine Joseph das Instrument in Beschlag genommen. „Das Klavier hat mich fasziniert, ich habe als Kind einfach Melodien nachgespielt und viel improvisiert.“

Joseph Moog
Joseph Moog © Thommy Mardo

Erstmals in geordnete Bahnen gelenkt wurde seine Begabung, als er mit zehn Jahren Jungstudent an der Karlsruher Musikhochschule wurde. Später war er in Würzburg Schüler von Bernd Glemser. „Mit ihm hatte ich zum ersten Mal einen aktiven Konzertpianisten als Lehrer. Manche Werke, die ich einstudierte, hat er am Vortag selbst gespielt, er konnte mir aus der Bühnenerfahrung berichten.“ Sein Konzertdebüt gab Moog mit zwölf Jahren, seine erste CD erschien, als er siebzehn war. Mit gerade mal zwanzig Jahren nahm er Liszts Klavierkonzerte auf. Jedoch nicht, um sich als Virtuose unter Beweis zu stellen. „Ich wähle Werke nie danach aus, wie spektakulär sie sind. Wenn ein Stück technisch schwierig ist, nimmt man das in Kauf, weil es im Dienst einer besonderen Tonsprache steht. Liszt hat schon als Kind eine große Anziehungskraft auf mich ausgeübt, die Dramatik, die frühimpressionistischen Harmonien. Und dass in seinen Konzerten Klavier und Orchester völlig gleichberechtigt sind, war für mich spannend.“

Eigenkompositionen bleiben unter Verschluss – vorerst

In den Epochen rund um Liszt ist Moog zuhause, bei Beethoven, aber auch bei Rachmaninow, Reger, Skrjabin und Chopin. Doch sind es nicht nur die großen Namen, für die sich Moog engagiert, immer wieder holt er selten aufgeführte Werke zurück ins Rampenlicht. Beispielsweise das Klavierkonzert von Moritz Moszkowski, dessen Aufnahme mit der Deutschen Radio Philharmonie Moog sogar eine Grammy- Nominierung einbrachte. Ausgrabungen seien heute mehr möglich denn je, sagt der 29-Jährige. „Zu all diesen Werken haben wir durch Internet und Datenbanken den besten Zugang, den es je gab.“

Joseph Moog
Joseph Moog © Thommy Mardo

Kaum Zugang dagegen gibt es bislang zu Moogs eigenen Werken. Über 25 Kompositionen umfasst seine Werkliste, darunter auch Kammermusik und eine Sinfonische Dichtung, doch keine einzige hat Moog publiziert. Nur gelegentlich nimmt er ein Werk in sein Konzertprogramm auf. Wer allerdings seine Sonate op. 5 hört (sie ist auf Moogs CD-Debüt von 2005 enthalten), dem wird schnell klar: Hier ist kein Amateur am Werk. Zwischen Spätromantik und Impressionismus changierend übt sich Moog in großen Gesten, feinen Schattierungen und tänzerischen, dramatischen Passagen. Nicht minder beeindruckend – und ebenfalls noch ein Geheimtipp – ist Moogs Bearbeitung des Jazz-Stücks Cherokee für die linke Hand (man findet sie auf YouTube). Vermutlich braucht es einfach noch Zeit, bis Moog seine Werke der Öffentlichkeit preisgibt. Unter seinen Freunden sei er als „Schildkröte“ verschrien, sagt er – „weil ich sehr lange brauche, um Dinge zu verarbeiten.“ So wird dann auch verständlich, warum er sich einst gegen das Angebot einer Blitz-Karriere entschied. „Es gab bei mir nie diesen Moment, wo sich meine Künstlerlaufbahn in Lichtgeschwindigkeit weiterentwickelt hätte. Rückblickend sehe ich das aber gar nicht als Nachteil, sondern es passt so viel besser zu meinem Naturell und zu meiner Persönlichkeit.“

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