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Porträt Bomsori Kim

Zwischen Musik und Kampfsport

Als Fünfjährige war es um Bomsori Kim geschehen – es musste die Geige sein. Doch die Musik ist nicht ihre einzige Leidenschaft.

vonIrem Çatı,

Wenn Bomsori Kim sich nicht für die Geige entschieden hätte, wäre sie vermutlich professionelle Janggi-Spielerin geworden. Am Ende siegte aber doch das Instrument über die koreanische Schachvariante. Dass das die richtige Entscheidung war, zeigt sich in der erfolgreichen Karriere der Südkoreanerin. In diesem Jahr ist sie Focus Artist beim Rheingau Musik Festival und „Menuhin’s Heritage Artist“ beim Gstaad Menuhin Festival, im Juni erschien zudem ihre erste Aufnahme als Exklusivkünstlerin bei der Deutschen Grammophon.

Viel Freizeit bleibt da nicht: „Ich habe bis Ende des Jahres keinen einzigen freien Tag, um mich auszuruhen. Aber ich freue mich sehr, dass so vieles wieder stattfinden kann, nachdem im letzten Jahr alles abgesagt werden musste“, erzählt die 31-Jährige. Kein Wunder, denn in den letzten Jahren hat sich Bomsori Kim einen Namen gemacht und stand unter anderem mit dem New Yorker Philharmonic, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und der NDR Radiophilharmonie auf der Bühne.

Das erste Mal auf eigenen Beinen

Ob man ihre Familie als musikalisch bezeichnen könne, wisse sie nicht genau. Bei einer Mutter, die Klavierunterricht gibt, und einem Vater, der als Hobby klassische Gitarre spielt, könnte man die Frage wohl mit „Ja“ beantworten. Außerdem habe ihr Vater sie schon in frühen Jahren mit in klassische Konzerte genommen und sie morgens immer mit den Sinfonien von Beethoven geweckt, was bei Bomsori Kim allerdings eher dazu geführt hat, dass sie die Musik eine Zeit lang gehasst hat, weil sie lieber länger schlafen wollte.

Bomsori Kim
Bomsori Kim

Der Wendepunkt kommt in einem Konzert der berühmten koreanischen Geigerin Kyung-Wha Chung – da ist Bomsori gerade einmal fünf Jahre alt. „Sie hat Vivaldis ,Vier Jahreszeiten‘ gespielt, und zwar so, als würde sie durch das Instrument singen. Ich hatte das Gefühl, dass ich wirklich verstehe, was sie mit dem Instrument zu sagen versucht.“ Das Konzert hat sie so geprägt, dass sie sich damals schon für die Geige entschied. Unterstützung bekommt sie von ihren Eltern. „Ich habe neben Klavier und Geige mich mit Sachen wie Ballett, Eiskunstlauf, Schwimmen und Janggi beschäftigt. Meine Eltern haben mich immer unterstützt. Ich hatte wirklich großes Glück.“

Für die Karriere ihrer Tochter zog die Familie von Daegu in die Hauptstadt Seoul, wo Bomsori an der Seoul National University studierte. Anschließend ging die Geigerin nach New York an die Juilliard School. „Das war die größte Veränderung in meinem Leben“, resümiert sie heute. „Ich habe davor noch nie alleine gelebt. Mit fremden Menschen zusammenzuwohnen und mit ihnen zu kommunizieren war nicht leicht.“ Plötzlich sieht sie sich mit einer anderen Kultur und Mentalität konfrontiert. Doch nicht nur das: Von unterschiedlichen Lehrern bekommt sie verschiedene Meinungen über das gleiche Stück. „Das war anfangs verwirrend, bis ich verstanden habe, dass sie mich dazu ermutigt haben, meinen eigenen Weg zu finden und ich selbst zu sein. Das war die wichtigste Lektion, die ich in den USA gelernt habe.“

Bomsori Kim: In Polen verliebt sie sich in Land und Leute

Bomsori Kim
Bomsori Kim

Wichtige Impulse habe sie aber auch beim Musizieren mit anderen Studenten bekommen, etwa hinsichtlich der Kommunikation untereinander auf der Bühne und der Herangehensweise an ein neues Stück. Hinzu kommt wichtige Bühnenerfahrung, die sie bei zahlreichen Wettbewerben gesammelt hat. Einer hat sie besonders geprägt: 2016 nimm sie am Internationalen Henryk-Wieniawski-Violinwettbewerb in Polen teil und verliebt sich in Land und Leute. Bis heute schwärmt sie von der fantastischen Musik, den herzlichen Menschen und dem tollen Publikum. Ihr erstes Album nimmt sie mit den Warschauer Philharmonikern unter Jacek Kaspszyk auf. Es folgen Aufnahmen mit dem polnischen Pianisten Rafał Blechacz.

Am Ende hat es die junge Geigerin nach Berlin verschlagen, vor allem weil die künstlerische Dichte dort sehr hoch ist. Berlin sei wie ein kulturelles Zentrum, sagt sie. Allerdings liebe sie Salzburg auch sehr. Immer an ihrer Seite ist ihre Guadagnini aus dem Jahr 1774. Diese hat sie 2013 von der Kumho Asiana Cultural Foundation erhalten. „Er ist nun schon seit acht Jahren bei mir. Ich denke nämlich, die Geige ist männlich“, lacht sie. „Es ist toll, dass ich so viel Zeit mit ihm verbringen kann, damit ich mich wirklich an ihn gewöhne. Mittlerweile kann ich ihn wirklich als meine eigene Stimme verwenden.“

Wenn Bomsori nicht gerade Musik macht, beschäftigt sie sich mit einem Hobby, das man bei einem Musiker eher nicht erwartet hätte: Kampfsport. Allerdings sollte es bei der vielfältig interessierten Geigerin nicht überraschen, dass sie seit ihrer Kindheit mit ihrem Vater Tai Chi praktiziert. „Das Chi ist die Energie, die wir in unserem Körper haben – eine Art Aura“, erklärt sie. „Die meiste Zeit des Trainings besteht aus Meditation und darin, das Chi zu kontrollieren.“ Das helfe ihr, sich auf ihre Musik zu fokussieren, sich zu beruhigen und ihren Körper besser zu verstehen. Das Leben eines Musikers sei nämlich ähnlich dem eines Athleten, sagt sie, weshalb man immer fit bleiben müsse. Dann kann einer aufregenden zweiten Jahreshälfte ja nichts mehr im Weg stehen.

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