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Porträt Andrè Schuen

Vielfalt als Geheimwaffe

Andrè Schuen wagt den Spagat zwischen Liedgesang, Oratorium und Oper. Sein Publikum verzaubert der Südtiroler dabei mit einem ganz persönlichen Anspruch.

vonJohann Buddecke,

Die Musik ist die einzige Sprache der Welt, die alle Menschen verstehen können.“ Wenn man nach diesem Zitat des großen Dirigenten Nikolaus Harnoncourt geht, beherrscht der aus Südtirol stammende Bariton ­Andrè Schuen gleich vier Sprachen fließend – denn neben seiner Muttersprache Ladinisch, Italienisch und Deutsch ist der Gesang sein bevorzugtes Ausdrucksmittel. Und auch auf diesem Gebiet ist der seit seiner Kindheit musikalisch geprägte Schuen gewissermaßen mehrsprachig unterwegs, ist er nicht nur als Operndarsteller gefragt, sondern auch als Oratoriensänger und Liedinterpret äußerst erfolgreich. „Vielseitigkeit bereichert meine Stimme und das Sängerleben im Allgemeinen“, lautet die Begründung des in seiner Wortwahl sehr überlegten Südtirolers, der seine Stimme als Kind und Jugendlicher in Schulchören, Bands und Männerquartetten mit Comedian-Harmonists-Repertoire entdeckte.

Sein stimmliches Potenzial wurde ihm aber eigentlich erst kurz vor der Matura bewusst. „Darauf gekommen bin ich durch meine Schwester, die damals klassischen Gesang studierte.“ Los ging es dann mit Schubert-Liedern, bei denen er sich selbst auf dem Klavier begleitete. Es folgte ein Solo-, Lied- und Oratoriengesangsstudium am Mozarteum in Salzburg, das er 2010 mit Auszeichnung abschloss. Zuvor jedoch war er schon bei den Salzburger Festspielen aufgetreten und hatte erste Erfahrungen an kleineren Häusern im deutschsprachigen Raum gesammelt. Bis 2014 war Schuen dann festes Ensemblemitglied an der Oper Graz und begann, sich nebenher als Lied- und Oratoriensänger einen Namen zu machen. Die Umstellung zwischen den Gattungen nimmt Schuen dabei als Herausforderung: „Man muss der Stimme ein paar Tage Zeit geben, wenn man zuvor in einer Puccini-Inszenierung gesungen hat und sich dann auf einen Schubert-Liederabend vorbereitet.“

Erhielt den OPUS Klassik 2019 für sein Album mit Schubert-Interpretationen: Andrè Schuen
Erhielt den OPUS Klassik 2019 für sein Album „Wanderer“ mit Schubert-Interpretationen: Andrè Schuen

Möchte der Musik gerecht werden: Andrè Schuen

Jene Zeit nimmt sich Schuen, der zugibt, dass er die Umstellung des Gesangsapparats erst einmal lernen musste. Die Frage, ob er dabei allen Gattungen gleichermaßen gerecht werden kann, stellt sich ihm weniger. „Man ist einfach mehr gefordert, die Feinheiten auf dem jeweiligen Gebiet zu suchen, wovon die Musik letzten Endes sehr profitiert.“ Letzteres ist indes das, was Schuens künstlerischen Vorsatz ausmacht, der Musik gerecht zu werden und im Umkehrschluss sein Publikum zu berühren. „Das ist aber, so glaube ich, das Wichtigste für jeden ausführenden Künstler auf der Bühne“, fügt er bescheiden an, gibt aber gleichermaßen zu bedenken, dass jener Kontakt zum Publikum in der Oper oder bei einem Liederabend jeweils ein ganz anderer ist. „In der Oper lässt man das Publikum mehr am Geschehen teilhaben, wobei ich es gerade beim Lied persönlich sehr genieße, direkt mit den Menschen zu kommunizieren.“

Dabei gilt es für Andrè Schuen weniger, Idealvorstellungen hinterherzujagen. „Es gibt sie schon, erreichen werde ich sie wohl leider nie“, wobei auf diese Aussagen prompt ein selbstironisches Lachen folgt. „Ich habe mir wirklich erarbeiten müssen, mit einem Gefühl von Zufriedenheit von der Bühne zu gehen.“ Schuen ist sich bewusst, dass ohne dieses Gefühl irgendwann die künstlerische Lähmung droht – höchst unwahrscheinlich jedoch, wenn man die Vielfalt seines Tourneeplans studiert. „Zwischendrin ist es sehr wichtig, sich selber genügend Freiräume zu lassen.“ Als Freiberufler muss er sich seine Zeit gut einteilen, schließlich muss ausreichend Raum bleiben, Partien zu studieren und der Stimme die nötige Regeneration zu verschaffen – um, wie er eben sagt, der Musik gerecht zu werden. Schließlich soll sie jeder verstehen können, ganz egal in welcher Sprache.

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