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Opern-Tipps im Dezember 2024: Der Winter kommt

Wann wird’s mal wieder richtig Winter?

Der Winter hat viele Gesichter. Entsprechend groß ist auch die Vielfalt, mit der man im Dezember die kalte Jahreszeit auf der Bühne abbildet.

vonAndré Sperber,

Was ist der Winter: schillernd glitzernde Wunderland-Romantik mit Schneemann, Schlittschuh und Schlittenfahrt? Ruhige Zeit der Besinnung und der heimischen Heimeligkeit bei Lichterglanz, Punsch und Kerzenschein? Oder doch eine nasskalte Tristesse mit langen Nächten, grauen Tagen und matschigen Gehsteigen?

Der Winter hat viele Gesichter. Entsprechend groß ist auch die Vielfalt, mit der man im Dezember die kalte Jahreszeit auf der Bühne abbildet – auch abseits der gängigen Vorweihnachtsklassiker, von denen Tschaikowskys „Nussknacker“ übrigens direkt am Weihnachtsabend spielt, Puccinis „La bohème“ immerhin Schneeszenen enthält und Humperdincks „Hänsel und Gretel“ eigentlich gar nichts mit Winter und Weihnacht am Hut hat, außer der Tatsache, dass das Werk an einem 23. Dezember uraufgeführt wurde.

Drei Vorweihnachtsklassiker in einem Werk vereint

Gerade vor diesem Hintergrund ist es doch erstaunlich, dass Jacques Offenbachs Fantasie-Operette „Die Reise zum Mond“ es nicht in diesen winterlichen Musiktheater-Kanon (und auch in keinen anderen Kanon) geschafft hat. Dabei vereint das Werk, das 1875 in Paris uraufgeführt wurde, doch eigentlich alles, was den Reiz der drei anderen ausmacht: eine Geschichte, mindestens genauso märchenhaft wie die von „Hänsel und Gretel“, schicksalhafte Schneefälle à la „Bohème“ und sogar ein eingebundenes Schneeflocken-Ballett – „Nussknacker“ lässt ­grüßen.

Am Theater Regensburg scheint man dies zum Glück erkannt zu haben. Regisseur Simon Eichenberger lädt hier ein in das mysteriös-lunare Setting, das zwar vom Grundstoff nah an die Abenteuer­geschichten von Jules Verne angelehnt ist, dessen konkrete Handlung – ein Erdenmann zieht aus, den Mondbewohnern das (lustvolle) Lieben zu lehren – jedoch nicht viel mit diesen gemein hat. Winterstimmung kommt vor allem im Finale des dritten Akts auf, wenn ein tosender Schneesturm hereinbricht und das Ende des Sommers einläutet. Auf dem Mond herrschen mit Sommer und Winter nämlich bloß zwei Jahreszeiten.

Ähnlich wie auf dem Mond verhält es sich im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier, denn auch hier herrschen „2 Jahreszeiten: Herbst / Winter“. Der Tanzabend von Anton Lachky und Emma Evelein wirft im Vergleich zur fantasievollen Offenbach-Operette jedoch einen sehr ernüchternden Blick auf den Winter. Unter dem Motto „Früher war mehr Schnee“ wird hier vor allem der fatale Einfluss des Menschen auf die Natur tänzerisch beleuchtet, passend untermalt mit entsprechender Musik von Antonio Vivaldi.

Märchenhafter Winterzauber und seelische Abgründe

Als eher ernüchternd kann man wohl auch die Winterauffassung in Schuberts schmerz- wie geheimnisvoller „Winterreise“ bezeichnen. Szenisch arrangiert von Armin Petras begibt man sich am Theater Bremen auf die dramatisch verzweifelte Suche nach dem „Selbst“. Klirrende Winterkälte bohrt sich dabei tief hinein in die eigene Seele und deren dunkelsten Abgründe. Das ewige Wechselspiel von Dunkelheit und Licht bzw. Tod und Wiedergeburt bzw. Sommer und Winter steht wiederum auch im Zentrum von „Midwinter“ am Osnabrücker Emma-Theater. Der britische Choreograf James Wilton nähert sich hier der Thematik anhand der keltischen Mythologie in einem immersiven Tanzspektakel.

Wer aber doch etwas weniger dramatischen Tiefgang, dafür mehr kindgerechten, märchenhaften Winterzauber sucht, dem sei am Staatstheater Mainz das Musiktheater „Die Schneekönigin“ aus der Feder des Australiers Samuel Penderbayne empfohlen, welches die berühmte Mär Hans Christian Andersens in gewiefter Roadmovie-Manier nacherzählt. Und wie wird Ihr Winter?






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