Bachs Triosonaten sind für Organisten das Alpha und das Omega. Häufig fehlt es den Interpretationen aber an einer großen dramaturgischen Linie, damit es wirklich wie aus einem Atem klingt. Vor gar nicht langer Zeit bin ich auf die Interpretation von Víkingur Ólafsson gestoßen, der den zweiten Satz dieser Trio-Sonate in einer Bearbeitung von August Stradal auf dem Klavier spielt. Eine fantastische Neuentdeckung! Ich habe ganz neue Facetten bemerkt und mich gefragt, woran das liegen könnte, bis ich verstanden habe, dass ein Klavier einer Orgelbearbeitung sehr viel Raum und Luft zum Atmen geben kann.
Die dynamischen Steigerungen, die ein Pianist auf dem Klavier machen kann und darf, sind wirklich vorteilhaft. Allerdings muss es authentisch sein. Ich als Zuhörer suche immer nach einer ehrlichen, auf gewisse Weise intuitiven Interpretation, die ich dem Musiker vollends abnehmen kann. Diese Intuition und Ehrlichkeit und auch die authentische Wiederbelebung des Stückes haben mich beeindruckt. Ich merke als Musikerin immer mehr, dass die scheinbar leichteren Werke vor allem interpretatorisch am schwersten sind. Erst wenn der Verstand wach ist, versteht man, was die Musik wirklich vermittelt. Dank Ólafsson bin ich in dieser Angelegenheit eine Treppenstufe höher gelangt. Er spielt auf eine fast schon zurückhaltende Weise, vertieft in jede Note ohne unnötige innerliche und äußerliche Bewegungen. Alles sitzt exakt so wie es tatsächlich sitzen muss. So entsteht dann diese lange, durchgezogene Linie, die mir so wichtig ist und die ich wirklich genießen kann.