Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – und manchmal setzt er sich über Jahrzehnte fort. Wie bei den Meraner Musikwochen, die 1986 als Kammermusikfestival im dortigen Stadttheater gegründet wurden und inzwischen mit ihrem breiten, spartenübergreifenden Angebot weit über die Thermenstadt hinausstrahlt. Bespielt werden von Ende August bis Ende September nicht nur einladende Orte in Meran selbst, das mit seinem milden, mediterranen Klima, seiner subtropischen Vegetation und der umliegenden Berg- und Naturlandschaft Besucher aus aller Welt anlockt. Auch die Schlösser, Kirchen und Museen der umliegenden Ferienregion erglühen Abend für Abend in anregender Festspielstimmung.
Beim 500. Konzert wird getanzt!
Beim diesjährigen Eröffnungskonzert im Kursaal am 24. August mit dem London Symphony Orchestra unter seinem Chefdirigenten Sir Simon Rattle bilden zwei Sinfonien von Haydn und Brahms die Klammer für Benjamin Brittens „Young Person’s Guide to the Orchestra“. Ein stattliches Jubiläum – das 500. Festivalkonzert in Meran – feiert das Londoner Gastorchester einen Tag später mit Dvořáks „Slawischen Tänzen“ und Rachmaninows Sinfonie Nr. 2. In der sinfonischen Reihe „classic“, die den Kern des Festivals bildet, sind in diesem Jahr außerdem so illustre Größen vertreten wie das Budapest Festival Orchestra unter Iván Fischer, das Zürcher Kammerorchester mit Geiger Daniel Hope, die St. Petersburger Philharmoniker unter Yuri Temirkanov und die Alte-Musik-Spezialisten The English Concert unter Trevor Pinnock mit dem Countertenor Jakub Józef Orlinsky.
Grenzen neu verhandeln
Der Blick auf die anderen Reihen des Festivals zeigt indes die immense Vielfalt des musikalischen Angebots: Während die „matinée classique“ im „Pavillon des Fleurs“ des Kurhauses mit erlesener Kammermusik lockt, laden Stadttheater und Kurhaus unter dem Label „colours of music“ zu spannenden Cross-over-Projekten ein. Hier wird der gefeierte Jazzpianist Michael Wollny mit seinem Trio die Grenzen zwischen Komposition und Improvisation neu verhandeln, der Akkordeonist Richard Galliano sich mit fliegenden Fingern auf seine französische Herkunft besinnen und das Damenquartett Salut Salon die Hochzeit von Klassik und Klamauk feiern.
Freunde Alter Musik dürfen sich auf die Reihe „barocco“ freuen, und Liebhaber des A-cappella-Gesangs können im Rahmen der Konzertreihe „vox humana“ Spitzenensembles wie die King’s Singers, Chanticleer oder Ingenium erleben. Das „young artists portrait“ stellt mit dem Schumann Quartett einen aufregenden Protagonisten der neueren Quartettszene vor, und erstmals wird in diesem Jahr mit „mystica“ auch die religiös-spirituelle Seite der Musik beleuchtet. Es gibt also viele gute Gründe aufzuhorchen und sich vom Musikzauber berauschen zu lassen, wenn vor den Konzerten auf dem Balkon des Kursaals die Fanfaren der Blechbläser erklingen.