Auch nach über acht Jahrzehnten zeichnet sich Lucerne Festival durch künstlerische Neugier aus und erhebt diese Eigenschaft auch gleich zum Motto der kommenden Ausgabe. Mit „Neugier“ bezieht sich das Festival auf die zeitgenössische Musik, die mit dem zwanzigjährigen Jubiläum der Lucerne Festival Academy einen wichtigen Schwerpunkt des Festival-Sommers bildet. Kein Geringerer als Pierre Boulez gründete 2004 gemeinsam mit Intendant Michael Haefliger die Meisterschule für Neue Musik, eine bis heute einzigartige Förderinstitution mit inzwischen über 1500 Absolventinnen und Absolventen. Zwanzig neue Werke finden in diesem Jahr in der malerischen Stadt am Vierwaldstättersee ihre Uraufführung, dargeboten unter anderem vom Lucerne Festival Contemporary Orchestra (LFCO), dem eigenen Klangkörper des Festivals für Neue Musik.
Weltklasse-Geigerin Lisa Batiashvili ist als „Artiste Étoile“ in drei Konzerten zu erleben
Mit Neugierde werden auch die zwei hochkarätigen „Artistes Étoiles“ erwartet, Lisa Batiashvili und Sheku Kanneh-Mason. Die in Georgien geborene deutsche Geigerin, die 2018 in Luzern ihren Einstand gab, ist in drei Konzerten zu erleben: Am 25. August spielt sie mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra und dessen Chefdirigent Lahav Shani Mozarts Violinkonzert A-Dur KV 219. Mit einem weiteren unbestrittenen Stardirigenten der jüngsten Generation, dem erst 28-jährigen Klaus Mäkelä, interpretiert sie am 5. September Tschaikowskys Violinkonzert D-Dur, diesmal mit dem Orchestre de Paris. Ebenfalls von Jugendlichkeit geprägt ist ihr Kammerkonzert mit zwei Stipendiaten ihrer Lisa Batiashvili Foundation, in dem sie den erst vierzehnjährigen Komponisten und Pianisten Tsotne Zedginidze vorstellt. Der gab in diesem Jahr auch unter Sir Simon Rattle in München sein Debüt. Batiashvili findet klare Worte über Zedginidze, den sie als „Jahrhunderttalent“ bezeichnet.
Sheku Kanneh-Mason beweist Vielfalt und Experimentierfreude
Dem Status als Talent bereits entwachsen ist der britische Weltklasse-Cellist Sheku Kanneh-Mason, der 2018 mit neunzehn Jahren sein Debüt in Luzern gab. Am 23. August widmet er sich mit der Tschechischen Philharmonie unter Jakub Hrůša Dvořáks berühmtem Cellokonzert und beweist gleich tags darauf seine künstlerische Vielfalt, wenn er im Duo mit dem brasilianischen Gitarristen Plínio Fernandes zur südamerikanischen Late Night einlädt und Werke von Villa-Lobos, Gnattali, Brouwer, Arcaro und Piazzolla spielt. Mit „Bach & Beyond“ ist das dritte Konzert des Cellisten betitelt, wobei auch hier die Vielfalt und die Lust am Experiment regiert, wenn Kanneh-Mason von Bachs Cello-Suiten ausgehend den musikalischen Bogen bis hin zu Jazz spannt. Seine Residenz beendet er dann am 11. September mit Paavo Järvi und dem Tonhalle-Orchester Zürich, wobei er dann gewissermaßen zurückkehrt zu seinen Anfängen und Schostakowitschs erstes Cellokonzert spielt: Dieses Schlüsselwerk stand im Zentrum seines Debütalbums „Inspiration“, mit dem Kanneh-Mason 2018 die Klassikwelt im wahrsten Sinne des Wortes aufhorchen ließ.
Edelklangkörper aus aller Welt spielen beim Lucerne Festival
Zur DNA von Lucerne Festival zählt auch, dass die renommiertesten Sinfonieorchester aus aller Welt hierher kommen. Zu den Stammgästen gehören etwa die Berliner Philharmoniker, die unter ihrem Chefdirigenten Kirill Petrenko spielen, sowie die Wiener Philharmoniker, die gemeinsam mit Christian Thielemann anreisen. Auch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Sir Simon Rattle sowie die Staatskapelle Berlin mit Susanna Mälkki gastieren in Luzern. Einen Meilenstein der Wagner-Interpretation werden das Dresdner Festspielorchester und Concerto Köln gemeinsam mit Kent Nagano setzen, wenn sie auf historischen Instrumenten und in der Deklamation der Wagnerzeit den „Ring des Nibelungen“ mit „Die Walküre“ fortsetzen. An die Grenzen des sinfonisch Machbaren gehen das NDR Elbphilharmonie Orchester mit den Chören des NDR, MDR und dem Rundfunkchor Berlin unter der Leitung von Alan Gilbert, wenn sie zum Abschluss des Sommer-Festivals die monumentalen Gurre-Lieder von Arnold Schönberg aufführen.
Shooting-Stars und Legenden unserer Zeit
Auch unter den Solisten findet sich internationale Exzellenz, sowohl unter den Nachwuchskünstlern wie auch unter den Legenden unserer Zeit. Am Klavier sind unter anderem Leif Ove Andsnes, Rudolf Buchbinder, Mao Fujita, Alexander Malofeev, Víkingur Ólafsson, Beatrice Rana, Daniil Trifonov, Sir András Schiff und Anna Vinnitskaya zu erleben. Neben den „Artistes Étoiles“ Batiashvili und Kanneh-Mason treten die Cellist*innen Nicolas Altstaedt und Julia Hagen sowie die Violinist*innen Renaud Capuçon, Patricia Kopatchinskaja und Anne-Sophie Mutter auf. Und die französisch-italienische Mezzosopranistin Lea Desandre, Shooting-Star der Opernszene, erarbeitet gemeinsam mit dem Lautenisten Thomas Dunford und dem Ensemble Jupiter exklusiv für das Lucerne Festival ein Vivaldi-Programm.
Lucerne Festival Orchestra gibt traditionell den Auftakt
Nicht fehlen dürfen auch in diesem Jahr natürlich die musikalischen Aushängeschilder der Stadt. Neben dem eingangs erwähnten Lucerne Festival Contemporary Orchestra sind dies die Festival Strings Lucerne, das Luzerner Sinfonieorchester mit Michael Sanderling sowie das Lucerne Festival Orchestra. Gemeinsam mit seinem Chefdirigenten Riccardo Chailly eröffnet das hochkarätig besetzte Projektorchester auch in diesem Sommer das Festival. Passend zum Festival-Thema „Neugier“ steht am 16. August Gustav Mahlers vielschichtige und rätselhafte siebte Sinfonie auf dem Programm. Im Laufe des Festivals werden weitere Dirigenten von Weltrang das Lucerne Festival Orchestra leiten: Klaus Mäkelä interpretiert am 17. August gemeinsam mit Leif Ove Andsnes das Klavierkonzert von Edvard Grieg, währen Yannick Nézet-Séguin am 24. August den diesjährigen Jubilar Anton Bruckner mit dessen siebter Sinfonie würdigt. Außerdem dirigiert er Clara Schumanns erstes Klavierkonzert mit Beatrice Rana als Solistin. Und mit Riccardo Chailly setzt das Lucerne Festival Orchestra den vielbeachteten Rachmaninow-Zyklus fort mit dessen erstem Klavierkonzert – als Solist tritt der junge russische Pianist Alexander Malofeev auf – sowie den „Sinfonischen Tänzen“, dem letzten Werk des großen Komponisten, der in den Sommermonaten der Jahre 1932 bis 1939 in Luzern residierte – und damit auch ein Aushängeschild der Stadt ist.