In den bald drei Jahrzehnten seines Bestehens hat sich das Hambacher Musikfest seine familiäre Atmosphäre bewahrt. Mit seinen einmaligen Spielstätten im Herzen der deutschen Weinstraße und einem hochkarätigen, vom Mandelring Quartett kuratierten Programm, das sowohl arrivierten Gast-Ensembles als auch hochtalentierten Nachwuchskünstlern eine Bühne bietet, sticht es unter den sommerlichen Festivals hervor. Zur diesjährigen 28. Ausgabe, die vom 18. bis 22. Juni an sechs Orten in Neustadt stattfindet, hat das Mandelring Quartett das Berliner ATOS Trio und das Elaia Quartett eingeladen.
Die ersten und letzten Töne des Musikfests erklingen traditionell im Hambacher Schloss, jenem geschichtsträchtigen Ort, an dem sich 1832 zehntausende Menschen versammelten, um für nationale Einheit und politische Grundrechte einzutreten. Beide Konzerte bestreitet das Mandelring Quartett gemeinsam mit den Mitgliedern des ATOS Trios. Gleich zur Eröffnung (18.6.) präsentieren sie mit Rimski-Korsakows Streichsextett eine seltene Preziose, gefolgt von Tschaikowskys orchestral anmutenden „Souvenir de Florence“ und Schostakowitschs beliebtem Klavierquintett. Entdeckungsreich kündigt sich das Abschlusskonzert (22.6.) an, das zwei Raritäten von Alexander Borodin und Felix Otto Dessoff, einem Freund Brahms’, zwei Bearbeitungen gegenüberstellt: Wagners mystisches Vorspiel zu „Tristan und Isolde“ trifft auf Beethovens hochromantisches viertes Klavierkonzert.

Musikgenuss und Gaumenfreuden
Für das Musikfest charakteristisch sind die Konzerte bei Hambacher Winzern. Dort verbindet sich exquisiter Musikgenuss mit Kulinarik. Im pittoresken Innenhof des Weinguts Georg Naegele loten die Gastgeber, verstärkt durch Cellist Stefan Heinemeyer, die Vielfalt der Wiener Klassik aus (19.6.). Während des Nachmittags wird die Besetzung dabei immer größer, angefangen von Mozarts Duo für Violine und Viola, das weit kunstvoller als sein Ruf ist, über Beethovens radikal anspruchsvolles Streichtrio c-Moll bis zu Mozarts C-Dur-Streichquintett, das bisweilen wie ein Doppelkonzert mit wechselnden Solisten anmutet.
Zwei Tage später (21.6.) stehen auf dem Traditionsgut alle Zeichen auf Musik für zwei Streichinstrumente. Von der Romantik bis zur Moderne haben Komponisten Werke geschrieben, die den acht Saiten virtuose Klangpracht und intime Zwiegesänge entlocken – nachzuhören etwa in „Thema, Variationen und Fuge“ für zwei Violinen des heute kaum bekannten Heidelbergers Ernst-Lothar von Knorr, in Prokofjews Doppelsonate C-Dur oder den Capricen eines Henryk Wieniawski. Und mit dem Vorurteil, dass Salonmusik verstaubt sei, räumen die Künstler auch auf, wenn sie Ermanno Wolf-Ferraris reizvolles „Introduzione e Balletto“ für Geige und Cello zu Gehör bringen. Jeweils im Anschluß an die Konzerte können die Gäste den Genuss mit Speis und Trank verlängern.

Neues Format, neue Spielstätte
Wo sonst edler Rebensaft gekeltert wird, hält am Sonntag nach Fronleichnam (22.6.) die Kammermusik Einzug: Die traditionelle Matinee im Weingut Müller-Kern steht unter dem Motto „À la Française“ und kombiniert Werke von Cécile Chaminade, Maurice Ravel und Camille Saint-Saëns.
Eine doppelte Premiere gilt es in der aus der Gründerzeit stammenden Heim’schen Privat-Sektkellerei (19.6.) zu feiern: Erstmals findet in ihrem stimmungsvollen Gewölbe ein Konzert des Hambacher Musikfests statt, zugleich fällt hier der Startschuss für das Format „Junge Bühne“. Diese betritt das 2020 gegründete Elaia Quartett und zumindest für Primaria Leonie Flaksman ist der Ort nicht unbekannt, stammt sie doch aus Neustadt. Im Gepäck hat das aufstrebende Ensemble, das derzeit beim Quatuor Ébène studiert, Höhepunkte des Repertoires von Haydn, Janáček und Brahms.

Glanzvolles Festkonzert für Neustadt
„Tradition, Aufbruch, Vielfalt“ haben die Organisatoren in diesem Jahr als Leitsatz für das Festival ausgegeben. Doch die Trias soll auch für den Ort Neustadt stehen, der seit nunmehr 750 Jahren die Stadtrechte besitzt. Selbstredend würdigt man diese Wegmarke mit einem Festkonzert im Neustädter Saalbau (21.6.), und was könnte zu diesem Anlass passender sein als drei zeitlose Glanzstücke der Kammermusik: Das ATOS Trio eröffnet den Abend mit Schuberts vielfältigem Klaviertrio B-Dur, das Mandelring Quartett antwortet darauf mit Beethovens an die Tradition der Klassik anknüpfenden letzten Streichquartett, bevor es gemeinsam mit dem Elaia Quartett zu Mendelssohns wegweisendem Oktett aufbricht. Wie immer zum Höhepunkt des Festivals verwöhnen die Musikerinnen und Musiker nach dem offiziellen Programm das Publikum noch mit einem Surpise-Konzert.
Ein Jahr vor der Verleihung der Stadtrechte durch König Rudolf von Habsburg wurde überdies der Altar der Hambacher Pfarrkirche Sankt Jakobus geweiht. In ihrem Chorraum erklingen am Vorabend des Festkonzerts (20.6.) drei selten gespielte Bearbeitungen von Mozarts Quintett Es-Dur KV 452 und der Sinfonia concertante sowie die von Beethoven selbst eingerichtete Klavierquartettfassung seines Bläserquintetts op. 16. Anlässlich des Jubiläums bieten die Veranstalter neben dem Verkauf von Einzeltickets und Abonnements gemeinsam mit der Stadt Neustadt ein attraktives „Kultur-Paket“ an, bestehend aus je einer Eintrittskarte für die Konzerte am 20. und 21. Juni, einer Führung durch die Neustädter Altstadt und einer Weinprobe.
Weitere Informationen finden Sie auf www.hambachermusikfest.de.