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Facetten der Inspiration

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Vielsaitig Füssen 2024

Unter der künstlerischen Leitung von Julian Steckel ergründet das Festival „vielsaitig“ Füssen vom 28. August bis 4. September in Konzerten, Vorträgen und einem Meisterkurs die unterschiedlichen Facetten der Inspiration. Ein Workshop knüpft an die lokale Tradition der Geigenbaukunst an.



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Die Frage nach der Wiege des Lauten- und Geigenbaus in Europa dürfte so manchen Kandidaten einer Ratesendung aufs Glatteis führen: Nicht Mittenwald, sondern Füssen lautet die richtige Antwort. Bereits 1436 wurde der erste Lautenmacher in Aufzeichnungen des Klosters St. Mang erwähnt. Ein Jahrhundert später schlossen sich in Füssen die Meister ihres Fachs zur ersten Lautenmacherzunft Europas zusammen. Mit dem Lauf der Zeit verbreitete sich schließlich die Expertise vom Allgäu aus auch in ganz Europa. An diese Tradition knüpft das Kammermusik-Festival „vielsaitig“ an, in dessen DNA sich, neben Konzerten und Vorträgen, publikumsnahe Einblicke in die Kunst des Instrumentenbaus geschrieben haben. Beim „Treffpunkt Geigenbau“ präsentieren lokale Spezialisten und solche aus Füssens Partnerstadt Cremona, der Heimat Antonio Stradivaris und Guarneri del Gesùs, im Refektorium des Klosters ihr hochspezialisiertes Handwerk.

Seit 2023 Künstlerischer Leiter von „vielsaitig“: Cellist Julian Steckel
Seit 2023 Künstlerischer Leiter von „vielsaitig“: Cellist Julian Steckel

Kammermusikalische Reifejahre

Musikalisch begibt sich das Festival abermals auf Spurensuche und ergründet vom 28. August bis 4. September die vielseitigen Facetten der Inspiration. Für das Eröffnungskonzert hat Cellist Julian Steckel, seit 2023 Künstlerischer Leiter von „vielsaitig“, seine vormalige Kammermusik-Professorin Antje Weithaas sowie die Pianistin Kiveli Dörken eingeladen. Im stimmungsvollen Ambiente des Kaisersaals stellen sie Werke des französischen Prä-Impressionisten Gabriel Fauré solchen der Spätromantiker Josef Suk und Reinhold Glière gegenüber. Höhepunkt des Abends ist das Klaviertrio von Peter Tschaikowsky.

Verstärkt um Weltklasse-Klarinettistin Sharon Kam beleuchtet das Trio in einem weiteren Konzert die Reifejahre dreier Komponisten. So flocht Béla Bartók in seine nach der Emigration in die USA für Benny Goodman komponierten „Kontraste“ ungarische Folklore ein. Unter den Eindrücken der Auswanderung und des neuen Tournee-Lebens jenseits des Atlantiks verfasste wiederum Paul Hindemith in kurzer Aufeinanderfolge sein Klarinettenquartett und die Klarinettensonate. Mit Walzerrhythmen und Csárdásklängen zollte indes Johannes Brahms in seinem letzten Klaviertrio der Wahl-Heimat Wien Tribut.

In Füssen im Trio mit Julian Steckel und Antje Weithaas zu erleben: Klarinettistin Sharon Kam
In Füssen im Trio mit Julian Steckel und Antje Weithaas zu erleben: Klarinettistin Sharon Kam

Folklore im authentischen Gewand

Neue Sichtweisen auf Bartók im Speziellen und auf den jahrtausendealten Klang der kretischen Lyra im Allgemeinen eröffnen hingegen Sokratis Sinopoulos und sein Klavierpartner Yann Keerim, wenn sie die furiosen „Rumänischen Volkstänze“ mit eigenen Improvisationen kombinieren. Beider Auftritt ist überdies eine gute Gelegenheit, das fest in der griechischen Folklore verankerte Streichinstrument – nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen aber gezupften Leier – auf klassischer Bühne zu erleben.

Fasziniert von der Musik der Cigányok war ebenso Franz Liszt, der ihr mit seinen „Ungarischen Rhapsodien“ ein mitreißendes künstlerisches, jedoch nicht immer realitätsgetreues Denkmal gesetzt hat. Dem treten Lajos Sárközy jr. und seine Gypsy Band entgegen und bringen echte Rhapsodien aus Ungarn ins Allgäu. Dabei kann der unter anderem mit dem Franz-Liszt-Preis ausgezeichnete Ensembleleiter auf fundierte Expertise zugreifen: Seit mehr als sechs Generationen widmet man sich im Hause Sárközy der volkstümlichen Musik aus der Heimat.

Advokat der kretischen Lyra: Sokratis Sinopoulos
Advokat der kretischen Lyra: Sokratis Sinopoulos

Nachwuchsförderung auf höchstem Niveau

Die Unterweisung junger Ensembles im gemeinsamen Spielen und Erleben der Musik gehört zum Selbstverständnis des Festivals. In diesem Jahr wird der als „Guru des Streichquartetts“ geschätzte Pädagoge Eberhard Feltz, der bereits zahlreiche Kammermusikformationen, darunter das Vogler-, das Kuss- und das Schumann-Quartett angeleitet hat, sein Wissen in einem Meisterkurs weitergeben. Die Ergebnisse sind am Festivalsamstag nachzuhören.

Dass sich Inspiration über alle Genregrenzen hinweg finden lässt, hat bereits Erwin Schulhoff im Vorjahrhundert bewiesen und der Nachwelt mit seinen „Fünf Stücken für Streichquartett“ eine beachtenswerte Verbindung zwischen Jazz und Klassik hinterlassen. Das Aris Quartett und Jazzpianist Omer Klein loten in ihrem mit „Shake it“ überschriebenen Gastspiel eben jene Musik des Grenzgängers aus und setzten sie in Relation zu eigenen Kompositionen und Arrangements von Saxofon-Legenden wie Wayne Shorter und Sidney Bechet.

Haben sich bei zeitgleichen Terminen in der Alten Oper Frankfurt kennengelernt: Aris Quartett und Jazzpianist Omer Klein
Haben sich bei zeitgleichen Terminen in der Alten Oper Frankfurt kennengelernt: Aris Quartett und Jazzpianist Omer Klein

„Ungeheuerlicher“ Beethoven

Beim fulminanten Abschluss des Festivals lädt das Aris Quartett, das zugleich sein fünfzehnjähriges Bestehen feiert, zu einem imaginären Treffen mit Fanny Hensel, Felix Mendelssohn und Ludwig van Beethoven. Während ein Teil der Musikwelt das eigenwillige Streichquartett a-Moll op. 132 des Bonner Meisters aus Mangel an tieferem Verständnis „ungeheuerlich“ schimpfte, nahmen die komponierenden Geschwister das 1825 erschienene Werk begeistert auf. Von ihnen erklingt in der barocken Klosteranlage je ein Streichquartett in Es-Dur.

Darüber hinaus veranstaltet das Festival am 1. September ein Colloquium mit spannenden Einblicken in aktuelle und historische Facetten der Geigenbaukunst. So beleuchtet der Kemptener Geigenbaumeister Andreas Ott den Einsatz von 3D-Druckern in seinem Handwerk, während Bogenmacher Klaus Grünke den Streichbogen aus dem Schattendasein holt. Autor Josef Focht spürt der Lebenswelt des Füssener Geigenmachers Andreas Resle nach, klingende Kostproben aus dessen Kunst gibt Christof Börner, am Cembalo begleitet ihn Tatjana Vorobjova.

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