Jede große (und kleine) Errungenschaft fängt zunächst mit einer Idee an, mag diese gut oder schlecht sein. Die Idee, im südfranzösischen Aix-en-Provence ein Osterfestival zu gründen, kam von Renaud Capuçon – und der Geiger war erst einmal erstaunt darüber, dass sie vorher noch niemand anderem in den Sinn gekommen ist. Ganz so naheliegend ist dieser Einfall freilich nicht, denn in diesem Ort gibt es schon ein großes Festival im Sommer. Doch Capuçon fand, dass im Frühjahr die Stadt eine „perfekte Kulisse bietet, weil das Wetter hier schon an Ostern so angenehm warm ist“. Außerdem hatte er ein großes Vorbild, an dem er sich orientieren konnte: Salzburg. Auch in der Mozart-Stadt koexistieren zwei große Festivals. Ein Anruf beim Direktor des Grand Théâtre de Provence Dominique Bluzet genügte, um auch ihn mit ins Boot zu holen – und geboren war das Festival de Pâques, das Salzburg des Südens, wie es Capuçon lächelnd bezeichnet. Möglich machte das Projekt auch die Bank CIC, die von Anfang an als großzügiger Sponsor an der Seite des Festivals steht. Die künstlerische Leitung haben aber seit der Gründung des Festival de Pâques 2013 Capuçon und Bluzet gemeinsam inne und locken Jahr für Jahr Künstler wie Martha Argerich, Gustavo Dudamel, Daniel Barenboim, Philippe Jaroussky, Teodor Currentzis nach Aix-en-Provence.
Neben dem warmen Wetter, das laut Capuçon jedem Gast gleich nach der Ankunft ein Lächeln ins Gesicht zaubere, ist aber auch die Stadt selbst immer eine Reise wert. Den Kern und damit das Herz von Aix-en-Provence bilden die Prachtmeile Cours Mirabeau und die pittoreske Altstadt mit der Kathedrale Saint-Sauveur, dem Rathaus und der ehemaligen Kornhalle. Zahlreiche Straßen mit kleinen Boutiquen und sonnendurchflutete Plätze voller Cafés und Restaurants laden dazu ein, das französische savoir-vivre in vollen Zügen zu genießen. Aix-en-Provence ist auch die Geburts- und Heimatstadt von Paul Cézanne, der das mediterrane Flair der Natur und die leuchtenden Farben der Region in seinen Gemälden festgehalten hat. Als einen wirklich „magischen und inspirierenden Ort“ bezeichnet Capuçon die Stadt. Bluzet ergänzt: „In der Umgebung von Aix-en-Provence sind drei der wichtigsten Maler begraben: Cézanne, Picasso und Masson. Außerdem waren hier Autoren wie Zola und Komponisten wie Milhaud.“
In diesem Jahr kommen wieder internationale Künstler und Orchester nach Aix-en-Provence
Seit zehn Jahren findet nun das Festival de Pâques jeden Frühling statt. Für Bluzet ist damit die Zeit gekommen, „um auf das zurückzublicken, was wir uns zu Beginn dieses Abenteuers vorgestellt hatten und was daraus geworden ist.“ In Zahlen lässt es sich so zusammenfassen: Die Konzerte sind von 20 in 2013 auf 33 angestiegen, die Zahl der Künstler hat sich von 400 auf 1.000 erhöht und die der Besucher von 14.000 auf 30.000. Den Hauptunterschied zum opernlastigen Sommerfestival bilden die Konzerte. Wenn es an Ostern mal Oper gibt, dann konzertant. Das macht das Festival de Pâques für die Besucher zugänglicher – auch preislich. Grund dafür sind aber auch Capuçon und Bluzet selbst, die während der Festivaltage immer präsent sind und dadurch eine Nahbarkeit ausstrahlen, die gut bei den Gästen ankommt und für eine entspannte, ausgelassene Stimmung sorgt.
Nachdem im letzten Jahr hauptsächlich französische und französischsprachige Orchester im Vordergrund standen, da es kurz nach der Pandemie logistisch nahe lag, freuen sich die Veranstalter, im April pünktlich zur Jubiläumsausgabe wieder internationale Künstler und Orchester in Aix-en-Provence zu begrüßen zu können. Dazu gehören Barbara Hannigan, Martha Argerich, Lahav Shani und Igor Levit sowie die Tschechische Philharmonie mit Semyon Bychkov, das Orchestre de Paris mit Klaus Mäkelä und das Budapest Festival Orchestra unter Iván Fischer. Die Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker begleitet das Festival de Pâques als Residenzorchester. Neben einem Wagner-Schwerpunkt wird es auch Kammermusik und Sakralmusik geben, ein Rahmenprogramm mit Kinderkonzerten und einer Kooperation mit der Ausstellung „David Hockney – Collection from The Tate Gallery in London“ im Museum Granat d’Aix-en-Provence machen die diesjährige Ausgabe komplett.
Was vor mehr als zehn Jahren als Idee anfing, hat sich dank der harten Arbeit und der Energie von Renaud Capuçon und Dominique Bluzet zu einem bedeutenden europäischen Festival entwickelt, das jedes Jahr zahlreiche Besucher aus allen Ecken Frankreichs und aus dem Ausland anlockt. Auf die Frage, warum es sich auch lohnt, aus Deutschland in die Provence zu reisen, hat Bluzet eine „sehr französische Antwort: Das Festival de Pâques ist das einzige Osterfestival, an dem es nicht regnet! Bei uns ist das Wetter gut, der Himmel ist blau, die Stadt ist schön – la vie est belle.“
Weitere Informationen zum Festival de Pâques finden Sie hier.