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Choriner Musiksommer

Der Choriner Musiksommer feiert in diesem Jahr mit der 60. Ausgabe sein Jubiläum mit erlesenen Konzerten, die weit über die Grenzen der Klassik hinausreichen.



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„Machen Sie mal was mit Musik!“ – Mit diesen Worten begann die Geschichte des Choriner Musiksommers. Der Direktor der Fakultät und des späteren Instituts für Forstwissenschaft Albrecht Richter richtete sie im Frühjahr 1964 an seinen Mitarbeiter Gunther Wolff. Wenige Wochen später fand am 23. Mai das erste Konzert in der Ruine der Klosterkirche Chorin statt. Das Staatliche Kulturorchester aus dem Nachbarort Eberswalde – dort befand sich auch das Institut für Forstwissenschaft – spielte die „Air“ von Bach und Mozarts Klarinettenkonzert.

Mussten Wolff und seine Mitstreiter damals noch reichlich improvisieren, so sieht heute freilich, zur 60. Ausgabe des Festivals, vieles ganz anders aus: Die einstige Ruine ist längst umfassend renoviert und modernisiert worden und erlebt seit fast sechs Jahrzehnten eine zweite, eine kulturelle Blüte, die zahlreichen Konzerte bestreiten nunmehr Solisten, Ensembles und Orchester von internationalem Rang. Aus dem einstigen Institutsfest ist eine feste Größe in der deutschen Festivallandschaft entstanden mit einer Strahlkraft, die weit über die Grenzen Brandenburgs hinausreicht – wobei die regionale Verwurzelung fest in der DNA des Musiksommers verankert ist, der insbesondere die großen Klangkörper der Region ins einstige Zisterzienserkloster einlädt.

Der Choriner Musiksommer bietet Platz für große Sinfonik
Der Choriner Musiksommer bietet Platz für große Sinfonik

Nicht nur Sinfonik findet ihren Platz

So erklingt zuvörderst die große Sinfonik, wenn etwa das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin im Eröffnungskonzert Antonín Dvořáks 7. Sinfonie und Leoš Janáčeks Adagio für Orchester spielt (23.6., 19 Uhr), oder wenn das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt die Komponistin Emilie Mayer würdigt und gemeinsam mit Tianwa Yang Beethovens Violinkonzert interpretiert (16.6, 15 Uhr). Das Philharmonische Orchester Frankfurt (Oder), aus dem später das Brandenburgische Staatsorchester hervorging, trat übrigens erstmals vor genau fünfzig Jahren beim Choriner Musiksommer auf.

Doch findet hier beileibe nicht nur die Sinfonik ihren Platz: Die Deutsche Oper Berlin gibt mit internationalen Solisten eine Gala mit Ensemblestücken und Arien aus italienischen und französischen Opern (9.6., 15 Uhr), während das Philharmonieorchester Gorzów Donizettis „L’elisir d’amore“ konzertant aufführen wird (25.6., 15 Uhr). Händels Wassermusik-Suiten bringt mit der Lautten Compagney Berlin ein international hochrenommiertes Spezialensemble zum Klingen (2.7., 15 Uhr), während das ebenfalls international gefeierte Bläserensemble German Brass den musikalischen Bogen über drei Jahrhunderte spannen wird (22.7., 15 Uhr). Auch Swingmusik aus den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts findet Einzug ins Kloster mit Andrej Hermlin und seinem Swing Dance Orchestra (29.7., 15 Uhr). Ein Familienkonzert (15.7., 12 Uhr) und das Programm „Choriner Jugendmusik“ richtet sich auch an den Nachwuchs.

Zu Fuß oder mit dem Fahrrad zum Konzert

Viele Konzerte stehen in diesem Jahr im Zeichen der Natur. Mit Werken von Gluck, Mozart und Schubert kehrt das Brandenburgische Staatsorchester am 26.8. (15 Uhr) etwa unter dem Konzerttitel „Naturromantik und Seelenverwandtschaft“ noch einmal zurück, das Konzerthausorchester Berlin erzählt mit Kompositionen von Enescu, Liszt und Mendelssohn „Von Seelenstürmen und düsteren Naturerlebnissen“, und das Orchester des Staatstheater Cottbus setzt Christoph Schambachs Festouvertüre „Dank an die Musik“ – ein Auftragswerk des Choriner Musiksommers – in Beziehung Janáčeks Suite aus der Oper „Das schlaue Füchslein“, die den Gegensatz zwischen Zivilisation und „unverbildeter“ Natur beschwört.

„Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen...“: Das Goethe-Zitat ist das Motto des diesjährigen Choriner Musiksommers
„Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen…“: Das Goethe-Zitat ist das Motto des diesjährigen Choriner Musiksommers

Mit all diesen Konzerten wird dem diesjährigen Motto des Choriner Musiksommers Rechnung getragen, das einem Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe entliehen ist: „Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen, und haben sich, eh’ man es denkt, gefunden“. Sofern man auf das Auto oder den bequemen Shuttle-Bus verzichten möchte, der die Besucher vom Bahnhof aus direkt zum Konzertort fährt, lässt sich übrigens als Einstimmung auf den musikalischen Abend die Natur von ihrer schönsten Seite erleben: Zu Fuß kann man über den Klostersteig die Ruine erwandern, die auch mit dem Fahrrad erreichbar ist.

Widrigkeiten waren nie der Rede wert

„Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen“, heißt es in der zweiten Strophe des Gedichts. Auch diese Worte beschreiben den besonderen Charakter des Choriner Musiksommers. Zur ersten Ausgabe des Festivals borgte man sich auf privatem Wege diverse Sitzgelegenheiten (ohne Lehne), auch mussten die Orchester in den ersten Jahren im ungünstig gelegenen Westteil Platz nehmen, da der Ostchor noch nicht verglast war: Dort hätte der Wind den Musikern schlicht die Notenblätter fortgeweht.

All diese Widrigkeiten waren den Veranstaltern und Künstlern, aber auch dem Publikum nicht der Rede wert: Die Konzerte wurden mit der Zeit immer zahlreicher und verkauften sich bestens mit weit über 2.000 begeisterten Besuchern pro Abend. Bis heute ist übrigens der Veranstalter als Verein organisiert und trägt sich weitgehend über ehrenamtlich tätige Personen. Das „redliche Bemühen“ fand seinen Lohn darin, dass neben dem zahlreichen Publikum und den Sponsoren auch das Land Brandenburg den Choriner Musiksommer finanziell fördert. Es sieht also ganz danach aus, als ob dem Festival nach seiner 60. Ausgabe noch viele weitere Jubiläen blühen.

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