Kurz nachdem der Jazz zu Beginn des 20. Jahrhunderts seinen Siegeszug antrat, fanden bereits die ersten der Kunstmusik zugehörigen Komponisten Gefallen an dem andersartigen Klang aus dem Süden der USA. Allen voran war es Claude Debussy, der in seiner Klaviersuite „Children’s Corner“ erstmals Elemente der amerikanischen Musik in seinen Kompositionen verwendete, gefolgt von Igor Strawinsky und Darius Milhaud. Die in den 1920er Jahren aufkeimende Idee des Symphonic Jazz faszinierte auch im weiteren Verlauf der Musikgeschichte eine Reihe von Künstlern, darunter George Gershwin, Dmitri Schostakowitsch und George Antheil – wenngleich auch mit unterschiedlichen Intentionen.
Gershwin, der an einer Synthese aus Jazz und klassischen Elementen interessiert war, griff in seinem 1925 entstandenen „Concerto in F“ auf synkopische Rhythmen, typische Dissonanzen sowie im Jazz gebräuchliche Instrumentationen zurück, während Schostakowitschs Absichten eher politischer Natur waren: Als Mitglied der sowjetischen Jazz-Kommission war ihm die Aufgabe übertragen worden, den als westlich-dekadent angesehen Jazz zum „sowjetischen Jazz“ zu professionalisieren. Trotz des politischen Drucks meisterte er die Aufgabe mit beachtlichem Erfolg. Seine „Suite für Jazzorchester Nr. 2“ hat sich bis heute im Konzertrepertoire etabliert, obgleich sie den heute gängigen Jazzkonventionen eher weniger entspricht.
George Antheil: Bad Boy der Musik
Wesentlich radikaler dachte sich Antheil sein Konzept zwischen Kunstmusik und Jazz. Als selbsternannter „Bad Boy of Music“, wollte er mit seiner 1927 in der Carnegie Hall uraufgeführten „Jazz Symphony“ den aufkeimenden Jazz als legitime Form der sinfonischen Musik etablieren. Eine Idee, die sich bekanntermaßen nicht durchsetzte, obwohl Komponistenkollegen wie Gershwin und Copland begeistert ihren Zuspruch für das Werk bekundeten.
Was jedoch alle Komponisten, die den Grenzgang zwischen beiden Genres wagten, verbindet, war nicht der Anspruch eine am Jazz angelehnte rein improvisative Musik für Orchester zu erschaffen, sondern mithilfe melodischer und rhythmischer Ausdrucksmittel sowie ausgefallenen Arrangements und Instrumentationen den Geist des Jazz in ihren Werke zu transportieren.
„A Jazz Symphony» von George Antheil:
concerti-Tipp:
Sinfoniekonzert „Jazz Symphony“
Do. 26.10. & Fr. 27.10., 19:30 Uhr
Mitwirkende: Frank Dupree, Essener Philharmoniker, Heinz Karl Gruber (Leitung)
Ort: Philharmonie Essen (Alfried Krupp Saal)