Andreas Ottensamer kommt schnell ins Schwärmen über das von ihm mit dem argentinischen Pianisten José Gallardo geleitete Bürgenstock Festival. Dann weiß man nicht genau, ob der Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker gerade von Konzerten, vom Ambiente oder von der Kommunikation zwischen Musikern und Publikum spricht. Die Veranstaltungsorte des Bürgenstock Winterfestival sind elitär, die Mitwirkenden aufgrund ihres hohen künstlerischen Ranges auch. Das Versprechen „Exklusives Stelldichein von handverlesenen Stars“ erfüllt das Bürgenstock Festival an drei Schauplätzen – im Hotel Villa Honegg über dem Vierwaldstätter See, in der Kulturgastronomie Kaufleuten in Zürich und im Stadthaus Winterthur – mit lockerer Distinktion, wie diese fast nur in der Schweiz möglich ist.
Mehrere Programmpunkte stehen während des herbstlichen Kartenvorverkaufs zum 9. Bürgenstock Festival unter dem Motto „Kontra!“ noch nicht fest. Diese werden von den Musikern erst in den gemeinsamen Tagen kurz vor dem Festival entschieden. Ottensamer und Galliardo müssen keine Bedenken haben, ob ihr (Stamm-)Publikum wegen der Pandemie zu lange mit dem Kartenerwerb zögern wird. Platzverteilung und Aufstellung sind in den hochkarätigen Veranstaltungen so locker, als bastele man an einem Konzertverhalten für die Zukunft, in der wache Interaktion mehr zählt als andächtiges Zuhören.
Es geht nicht nur um Standardtitel, mit denen Spitzeninterpreten Tournee-Reisen antreten. Ottensamer kann kaum den Stolz darüber verbergen, dass diesmal auch Philippe Jaroussky anreisen wird. Allerdings nicht mit einem für den Countertenor typischen Barockprogramm, sondern mit Liedern der Renaissance bis zum Chanson von Barbara. Es ist neben klangvollen Namen der Klassikszene der auch die Künstler zu neuen Kombinationen beflügelnde Geist der Orte, welcher Eindruck macht. Die meisten Mitwirkenden kennen sich aus den Vorjahren oder von anderen internationalen Konzertpodien. Vom 1. bis 6. Februar außerdem dabei sind der Gitarrist Thibaut Garcia, die Geiger Ray Chen und Roberto González-Monjas, Bratschistin Tomoko Akasaka und Cellist Maximilian Hornung. Exklusiv bleiben neben dem Flair des gerade 115 Jahre alt gewordenen Hotels die legendäre Honegg-Crèmeschnitte und die bereits 2014 im Park Hotel Vitznau von der Stiftung Bürgenstock Festival begonnene Zusammenarbeit mit der Deutschen Grammophon für die eigene CD-Reihe. Auch in seinen musikalischen Souvenirs gibt sich das Bürgenstock Festival als elitebewusstes Juwel mit noblem Abstand vom regulären Konzert- und Musikbetrieb.
concerti-Tipp:
Bürgenstock Winterfestival
1.–6.2.2022
Philippe Jaroussky, Thibaut Garcia, Ray Chen,
Maximilian Hornung, Andreas Ottensamer u. a.
Zürich, Ennetbürgen & Winterthur
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