Ein Blick auf die bewegte Geschichte des Basler Sinfonieorchesters offenbart, dass die Treue und Unterstützung seines Publikums auch dann währte, wenn der traditionsreiche Klangkörper neue Wege beschritt oder Krisen überstehen musste. Das zeigte sich auch in den Monaten der Pandemie, denn das Sinfonieorchester Basel und sein Publikum sind noch enger aneinander gerückt. „Während der konzertlosen Zeit haben wir rund um die Uhr mit unseren Abonnenten telefoniert. Das war wichtig, um den direkten Kontakt zu halten. Wir pflegen diese direkte Ansprache nun auch im Konzert weiter“, so der künstlerische Direktor Hans-Georg Hofmann.
Das Orchester spricht mit seinen vielfältigen Angeboten von der klassischen Abonnement-Reihe über das Kammer- oder Schulkonzert bis hin zu Opernaufführungen, Lounge-Events oder Formaten wie concert & cinema unterschiedlichste Interessengruppen an. Seit 2016 ist Ivor Bolton Chefdirigent des Orchesters. Mit seinem historisch informierten Interpretationsansatz eröffnet der Brite neue Sichtweisen auf das klassische und romantische Repertoire. Ein weiterer Schwerpunkt der Basler ist die klassische Moderne. Hier gab der Musiker und Mäzen Paul Sacher wichtige Impulse. Die Nähe zur in Basel ansässigen Paul-Sacher-Stiftung ist bis heute identitätsstiftend und hat ein neugieriges Publikum hervorgebracht, das sich auch schon mal über „zu viel Beethoven“ auf dem Programm beklagt. „Das Neue wird hier regelrecht eingefordert“, freut sich Hofmann. So gehören Auftragskompositionen und zeitgenössische Musik ebenso zum Repertoire wie Alte Musik, denn Paul Sacher war als Mitbegründer der Schola Cantorum Basiliensis auch in die entgegengesetzte Richtung der Musikgeschichte aktiv.
Bürgerliches Engagement begründete das Sinfonieorchester Basel
Die Genese des Klangkörpers liegt im bürgerlichen Engagement begründet. Aus einem „Collegium Musicum“, Ende des 17. Jahrhunderts von Laienmusikern ins Leben gerufen, entwickelte es sich in den darauffolgenden zwei Jahrhunderten zu einem angesehenen professionellen Orchester. Oft wechselte zwar der Name des Klangkörpers, aber das Ensemble selber verschwand – sieht man von der kurzen Zeit während der Helvetischen Revolution von 1798 ab – niemals von der Bildfläche.
Eine erste Blüte erlebte das Orchester im 19. Jahrhundert, als große Virtuosen wie Clara Schumann, Anton Rubinstein oder Joseph Joachim regelmäßig mit den Baslern auftraten. Auch am Pult standen zu dieser Zeit prominente Repräsentanten der Musikgeschichte: Johannes Brahms etwa dirigierte sein „Triumphlied“, während sich im Publikum Friedrich Nietzsche beeindruckt zeigte. Im 20. Jahrhundert beehrten weitere Dirigenten-Komponisten das Basler Orchester, darunter Richard Strauss, Gustav Mahler und später Pierre Boulez.
Der Stammsitz des Orchesters, das Stadtcasino Basel, entstand 1874. Für den dringend notwendigen Bau eines neuen Konzertsaals wurden die Bürger zur Mitfinanzierung aufgerufen. Noch heute residiert das Orchester in diesem Saal, der von 2016 bis 2020 aufwändig renoviert wurde. In dieser Zeit eroberten die Musiker zusammen mit ihrem damals neuen Chefdirigenten Ivor Bolton die Stadt und spielten in allem, was sich als Spielstätte nutzen ließ: dem Basler Münster, im Musical Theater, im Theater Basel, im Literaturhaus sowie in alten Bahnhöfen und Hotels.
Trotz aller Verwurzelung in der Stadt können sich seit einigen Jahren auch Nicht-Baseler von der Qualität des Orchesters überzeugen, denn das Sinfonieorchester Basel tourt international. Mitnichten schöpfte das Orchester aber immer aus vollen Töpfen, immer wieder gab es finanzielle Engpässe. Das heutige Sinfonieorchester Basel gibt es eigentlich erst, seit 1997 das Basler Sinfonie-Orchester und das Radio-Sinfonieorchester Basel fusionieren mussten. Gleichwohl es seitdem stets mehr war als das Ergebnis eines Sparprogramms, nutzt es seit 2012 seine strukturelle Eigenständigkeit für mehr Gestaltungsfreiheit und Aufbruch. Ein neu gegründeter Freundeskreis mit fast 500 Mitgliedern unterstützt als mentales und finanzielles Rückgrat vermittelnde und genreübergreifende Projekte sowie Aufnahmen, mit denen das Orchester seine musikalische Arbeit mit Ivor Bolton dokumentiert.